Rz. 29
In Härtefällen kann von der Heranziehung zum Kostenersatz abgesehen werden. Anders als bei § 102 Abs. 3 bleibt es dem Sozialhilfeträger überlassen, ob er bei Vorliegen einer Härte von der Heranziehung absieht oder nicht (Ermessensentscheidung; Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 103 Rz. 47).
Rz. 30
Die Feststellung des Sozialhilfeträgers, ob die Voraussetzungen einer Härte vorliegen, ist eine reine Tatbestandsermittlung, die für Ermessen keinen Raum gibt und die der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a. a. O., § 103 Rz. 21; OVG Münster, Urteil v. 22.5.2000, 16 A 5805/96, NDV-RD 2001 S. 12 = FEVS 52 S. 131).
Rz. 31
Nach dem Sinne einer Härtevorschrift, der darin liegt, eine an sich gegebene Rechtsfolge wegen der Besonderheiten des Einzelfalls nicht oder nicht vollständig eintreten zu lassen, dürfte es allerdings ermessensfehlerhaft sein, bei Feststellung einer Härte den Betroffenen zum vollständigen Kostenersatz heranzuziehen (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 103 Rz. 13; differenzierend: Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 103 Rz. 47). Der Wortlaut der Vorschrift ("soweit") ermöglicht auch eine nur teilweise Heranziehung zum Kostenersatz (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 103 Rz. 23).
Rz. 32
Eine Härte wurde etwa angenommen, wenn sich bei einem voraussichtlichen Einkommen knapp über der Sozialhilfegrenze der Kostenersatz von Ratenzahlungen auf eine sehr lange Zeit, hier 15 Jahre, erstrecken würde (OVG Münster, Urteil v. 22.5.2000, 16 A 5805/96, NDV-RD 2001 S. 12 = FEVS 52 S. 131). Keine Härte wurde vom BayVGH angenommen bei der Verrechnung eines von der Arbeitsverwaltung gewährten Übergangsgeldes mit dem Kostenersatzanspruch wegen erhaltenen Pflegegeldes nach dem BSHG, da der Ersatzpflichtige sich durch eigenes Verschulden (Trunkenheitsfahrt) eine Querschnittslähmung zugezogen hatte (BayVGH, Urteil v. 7.10.1988, JSRG 1989 S. 310). Das bis zum 31.12.2004 geltende Recht sah ein obligatorisches Absehen von der Heranziehung vor, wenn die Heranziehung die Fähigkeit des Ersatzpflichtigen beeinträchtigen würde, künftig unabhängig von Sozialhilfe am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Diese Vorschrift ist ersatzlos entfallen. Daraus wird man nicht den Schluss ziehen können, dass der genannte Tatbestand keine Rolle mehr spielt, denn gerade die Beeinträchtigung des Grundanliegens des Sozialhilferechts – nämlich, den Empfänger zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben, kann nicht das Ziel sozialhilferechtlicher Maßnahmen sein (Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 103 Rz. 43). Allerdings wird – anders als im alten Recht – auch hier lediglich eine Ermessensentscheidung vorgenommen. Da der Anspruch auf Kostenersatz kraft Gesetzes entsteht, wird der Anspruch als solcher beim Absehen von der Heranziehung nicht berührt, es wird lediglich auf das Geltendmachen demjenigen gegenüber verzichtet, in dessen Person eine Härte vorliegt. Daher kann der Erbe eine Härte für sich nicht beanspruchen.