Rz. 6
Ausnahmetatbestände enthalten Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5.
Der nach Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich gegebene Kostenerstattungsanspruch gegen den überörtlichen Sozialhilfeträger ist ausnahmsweise nach Abs. 1 Satz 3 nicht gegeben, sofern der Übertretende im Inland geboren ist oder im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung mit einem im Inland geborenen Ehegatten, Lebenspartner i. S. d. LPartG, Verwandten oder Verschwägerten zusammenlebt. Die Kostenerstattung wird damit auf Fälle ohne Geburtsbeziehung im Inland beschränkt, weil nur hier das Bedürfnis nach einer bundesgerechten Lastenverteilung durch Schutz der Einreiseorte bzw. der attraktiven Orte besteht. Das gilt namentlich für diejenigen, die im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung mit einem im Inland Geborenen zusammenleben. Denn für die Ortswahl war hier entscheidend, mit dem Angehörigen zusammenleben zu können. Deswegen ist der Ausnahmetatbestand nur einschlägig, wenn eine auf gewisse Dauer gerichtete Absicht des Zusammenlebens als Familiengemeinschaft besteht, also eine Verfestigung der "Geburtsbeziehung" zu einem bestimmten Ort, was bei einem geplanten Zusammenleben von nur wenigen Wochen nicht der Fall ist (VG Augsburg, Urteil v. 15.4.2003, Au 3 K 03.215; SG Frankfurt, Urteil v. 19.3.2009, a. a. O.; a. A. VG Cottbus, Urteil v. 19.5.2006, 5 K 1149/02). Vorausgesetzt wird zudem insbesondere eine gemeinsame Wohnung; nicht erfasst wird das Wohnen in unmittelbarer Nähe, da ein Zusammenleben mehr ist als ein In-der-Nähe-Wohnen (BSG, Urteil v. 24.3.2009, B 8/9b SO 17/07 R; SG Aachen, Urteil v. 22.6.2006, S 20 SO 136/05; a. A. noch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 23.4.2007, L 20 SO 52/06: ausreichend sei ein geplantes Zusammenleben mit Verwandten von 3 Wochen mit anschließendem Umzug in unmittelbare Nähe, weil auch hier die Ortswahl durch das Verwandtschaftsverhältnis bestimmt sei).
Rz. 7
Daneben enthält auch Abs. 5 einen Ausnahmetatbestand, der nicht nur den Kostenerstattungsanspruch nach Abs. 1 Satz 1 entfallen lässt, sondern § 108 für insgesamt nicht anwendbar erklärt. Dieser Ausnahmetatbestand ist einschlägig, wenn Bundesrecht die Unterbringung des Einreisenden regelt oder eine entsprechende Vereinbarung zwischen Bund und Ländern dies vorsieht. Hierzu reicht schon das Bestehen einer Verteilungsregelung, weil dann der Aufenthaltsort durch diese Regelung bestimmt wird, sodass die Gefahr einer willkürlichen unkontrollierbaren Belastung irgendeines Sozialhilfeträger durch freie Ortswahl des Einreisenden ausgeschlossen und das Regelungsziel von § 108 – bundesgerechte Lastenverteilung – nicht einschlägig ist. Hierzu bedarf es nicht etwa einer "Unterbringung" in Form der Zuweisung in eine Wohnung oder ein Heim mit Versorgung (BVerwG, Urteil v. 20.2.1992, 5 C 22.88). Zu den Unterbringungsregelungen zählen z. B. die Regelungen der "Unterbringung und Verteilung" in §§ 44 ff. AsylVfG (VG Münster, Urteil v. 28.2.2003, 5 K 3721/98).