Rz. 4
Abs. 1 führt die bislang in § 119 Abs. 7 BSHG geregelte Gewährung von Sozialhilfe an Deutsche im Ausland, die in dem in Art. 116 Abs. 1 GG genannten Gebiet geboren sind und dort leben, als eine spezielle Form von Hilfegewährung fort. Abweichend von § 24 Abs. 1 ist diese Hilfegewährung nicht von der Rückkehr ins Inland abhängig. Es müssen auch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 2 nicht erfüllt sein.
Rz. 5
Deutsche i.S.d. § 133 Abs. 1 sind – ebenso wie i.S.d. §§ 24, 132 – Deutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG (vgl. hierzu die Komm. zu § 24). Die Vorschrift begünstigt alle diejenigen Deutschen, die im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31.12.1937 abzüglich des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen vom 3.10.1990 leben. Es handelt sich dabei um:
- Hinterpommern,
- einen Teil von Posen-Westpreußen, einschließlich der Grenzmark, nicht hingegen z.B. Bydgoszcz (Bromberg), Poznan (Posen) oder Torun (Thorn),
- Brandenburg, soweit nicht zum Bundesland Brandenburg gehörig,
- Schlesien, soweit nicht zum Bundesland Sachsen gehörig,
- Ostpreußen einschließlich des Teils, der zu Russland gehört, d.h. z.B. mit Kaliningrad (Königsberg).
Nicht dazu gehört nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift Gdansk, die ehemals Freie Stadt Danzig.
Rz. 6
Durch den Verweis auf § 24 Abs. 2 (gemäß Abs. 1 Satz 2) wird auch für den von § 133 begünstigten Personenkreis klargestellt, dass eine außergewöhnliche Notlage i.S.v. § 24 nur dann vorliegen kann, wenn ihr nicht durch anderweitige Ansprüche bzw. durch den Bezug sonstiger im Aufenthaltsstaat zugänglicher Leistungen abgeholfen werden kann.
Rz. 7
Die Höhe der Leistungen bemisst sich nach Abs. 1 Satz 3 nach den im Aufenthaltsstaat in vergleichbaren Lebensumständen üblichen Leistungen. Die Regelung ist etwas missverständlich gefasst. Wäre damit gemeint, dass der begünstigte Personenkreis nur in dem Umfang Leistungen erhält, wie der Aufenthaltsstaat sie auch gewährt, wäre sie wegen des Verweises auf § 24 Abs. 2 praktisch gegenstandslos. Es ist auch nicht erkennbar, dass Abs. 1 Satz 3 gegenüber dem bisherigen Rechtszustand eine wesentliche Verschlechterung bedeuten sollte. Daher ist Abs. 1 Satz 3 so zu lesen wie § 24 Abs. 3, der dem früheren § 119 Abs. 4 BSHG entspricht. Art, Form und Maß der Hilfe sowie der Einsatz des Einkommens und Vermögens richten sich demnach auch bei dem von § 133 begünstigten Personenkreis nach den besonderen Verhältnissen des Aufenthaltslandes. Die Leistungen des § 133 beschränken sich damit auf das dortige Lebensniveau.
Rz. 7a
Dem Wortlaut nach ist § 133 Abs. 1 als Ermessensvorschrift ausgestaltet. Liegen die in der Vorschrift genannten engen Voraussetzungen vor, wird allerdings bei der Entscheidung über das "Ob" der Leistung i.d.R. eine Ermessensreduzierung auf Null bestehen (wie hier: Decker, in: Oestreicher, SGB XII, § 133 Rz. 9; Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, 17. Aufl. 2006, § 133 Rz. 5; Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 2008, § 133 Rz. 3; Schoenfeld, in: Grube/Wahrendorf, 2. Aufl. 2008, § 133 Rz. 2). Die Ermessensausübung beschränkt sich in diesem Fall auf das "Wie" der Leistung.
Rz. 8
Nach Abs. 1 Satz 4 werden die besonderen Hilfen unter Übernahme der Kosten durch den Bund durch Träger der freien Wohlfahrtspflege mit Sitz im Inland geleistet. Diese Regelung ist nur aus ihrer Geschichte heraus verständlich. Die von § 133 begünstigten Personen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nach polnischem Recht nur die polnische, nach deutschem Recht jedoch zusätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Für sie haben die zuständigen Bundesministerien mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger schon vor Jahren eine Vereinbarung geschlossen, der zufolge die Hilfeleistung über den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in Hamburg mit Refinanzierung aus dem Bundeshaushalt erfolgte. Das Deutsche Rote Kreuz ist Träger der Freien Wohlfahrtspflege i.S.v. Abs. 1 Satz 4. Die Vorschrift ermöglicht es allerdings auch anderen Trägern, sich an der Hilfeleistung zu beteiligen. Zuständig für die Abrechnung ist das Bundesverwaltungsamt (Nr. 2 Anordnung des Bundesinnenministeriums v. 22.6.1962, BAnz. Nr. 124). Diese Handhabung soll durch Abs. 1 Satz 4 bestätigt und in ihrer näheren Ausgestaltung durch eine Rechtsverordnung (jetzt Abs. 2) geregelt werden, die indessen noch aussteht.