Rz. 2
Die Vorschrift trägt dem in Art. 6 GG verankerten besonderen Schutz der Familie Rechnung. Ziel der Sozialhilfe soll sein, der Familie, die unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes und damit der staatlichen Ordnung steht (Art. 6 GG), eine besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen (Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII Kommentar, 18. Aufl., § 16 Rz. 1; Fichtner, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII – Sozialhilfe mit AsylbLG, 4. Aufl. 2009, § 16 Rz. 1; Bieback, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe, Kommentar, 4. Aufl. 2012, § 16 Rz. 1). Insoweit ist die Hilfe für Personen, die in einer Familie leben, zweckentsprechend zu gestalten, was nur gelingt, wenn die Familienzugehörigkeit dabei besonders in den Blick genommen wird. Hilfemaßnahmen für ein einzelnes Familienmitglied müssen immer auch im Gesamtzusammenhang mit der Familie und bestehenden familiären Banden gesehen werden (Dauber, in: Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, Sozialgesetzbuch XII, Bd. 1, 2007, § 16 Rz. 2). Adressat der Leistung bleibt dabei – da die Sozialhilfe stets eine individuelle Hilfe ist – selbstverständlich das jeweilige Familienmitglied (Bieback, a. a. O. § 16 Rz. 1).
Rz. 3
Die Regelung des § 16 aus dem Ersten Abschnitt "Grundsätze der Leistungen" des zweiten Kapitels und das darin fixierte allgemeine Gebot der familiengerechten Leistungen ist durchgängig im gesamten SGB XII zu beachten. Dies wird auch daran deutlich, dass auf familiäre Beziehungen in verschiedenen Vorschriften abgestellt wird: § 19 Abs. 4, § 26 Abs. 1 Satz 2, § 30 Abs. 2 und 3, § 39 Satz 3, § 49 Satz 1, § 50, § 68 Abs. 2 Satz 2, § 85 Abs. 1 Nr. 3, § 85 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Nr. 6, § 90 Abs. 3 Satz 1, § 92 Abs. 2, § 92a, § 102 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2. § 16 stellt insoweit auch eine Ergänzung zu § 9 Abs. 1 und dem dort geregelten Individualisierungsgrundsatz dar (vgl. Bieback, a. a. O., § 16 Rz. 2; vgl. auch Armborst, in: Sozialgesetzbuch XII – Sozialhilfe, Lehr- und Praxiskommentar, 9. Aufl. 2012, § 16 Rz. 1).
Insoweit ist die Regelung ein "Programmsatz", aus der sich keine Rechte der Familienangehörigen ableiten (vgl. BSG, Urteil v. 24.3.2009, B 8 SO 29/07 R), die jedoch z. B. bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und der Anwendung von Ermessensvorschriften stets mit beachtet werden muss (vgl. Bieback, a. a. O., § 16 Rz. 5 ff.; Voelzke in: juris-PraxisKommentar SGB XII, § 16 Rz. 8). Der Grundsatz der familiengerechten Hilfe gilt dabei nicht nur für das Leistungsrecht, sondern vor allem auch für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger (Hohm, a. a. O., § 16 Rz. 6).