Rz. 52a
Abs. 3 Satz 1 2. Alternative normiert den Leistungsausschluss für Ausländer, die sich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten und ihr Aufenthaltsrecht daraus herleiten. Dieser Ausschluss von Leistungen wurde durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 2.12.2006 mit Wirkung zum 7.12.2006 in Abs. 3 eingefügt und sollte klarstellen, dass die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgeschlossenen Ausländer auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII haben. Die Arbeitssuche muss alleiniger Grund für den Aufenthalt sein. Dies gebietet im Übrigen für die von der Vorschrift überwiegend betroffenen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen (vgl. dazu Herbst, a. a. O., § 23 Rz. 47a; Wahrendorf, a. a. O., § 23 Rz. 48) die mit dem Diskriminierungsgebot des Art. 12 EGV konforme Auslegung. Das bedeutet, dass diese Alternative keine Anwendung findet, wenn auch andere Gründe für den Aufenthalt des Ausländers in Deutschland maßgeblich sind. Erfasst ist die Suche nach einer Beschäftigung, nicht jedoch die geplante Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (vgl. unter Bezugnahme auf § 15 Satz 2 SGB III Hess. LSG, Beschluss v. 13.9.2007, L 9 AS 44/07 ER; Schlette, a. a. O., § 23 Rz. 54c m. w. N.; Coseriu, a. a. O., § 23 SGB XII Rz. 66).
Rz. 52b
Da die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2711) auf die Richtlinie 2004/38/EG Bezug nimmt, ist der Leistungsausschluss auf Unionsbürger nicht anwendbar, wenn und solange bei dem Betreffenden die Erwerbstätigeneigenschaft nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie aufrechterhalten bleibt. Dies ist dann der Fall, wenn
- er wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist,
- er sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt,
- er sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Lauf der ersten 12 Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens 6 Monaten aufrechterhalten,
- er eine Berufsausbildung beginnt; die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft setzt in diesem Fall voraus, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
Rz. 52c
Der Leistungsausschluss erfasst anders als die 1. Alternative des Abs. 3 Satz 1 auch die Familienangehörigen der Ausländer, die sich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Damit sind allein diejenigen Familienangehörigen gemeint, die diese Ausländer begleiten oder ihnen nachziehen, nicht aber Familienangehörige, die ein eigenes Aufenthaltsrecht aufgrund eines anderen Tatbestands erworben haben.
Rz. 52d
Familienangehörige sind nach Art. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d der Richtlinie 2004/38/EG
- der Ehegatte,
- der Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind,
- die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners i. S. v. Buchst. b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird,
- die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners i. S. v. Buchst. b, denen von diesen Unterhalt gewährt wird.
Auch getrennt lebende Ehegatten werden davon erfasst, nicht aber Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft (vgl. LSG Hessen, Beschluss v. 14.7.2011, L 7 AS 107/11 B ER; Schlette, a. a. O., § 23 Rz. 54i) bzw. Geschwister (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 25.11.2008, L 5 B 801/08 AS ER).