Rz. 10
Darüber hinaus muss der Hilfesuchende seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird an und für sich für das gesamte Sozialrecht und damit auch für das Sozialhilferecht (vgl. § 9 SGB I) in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I definiert. Danach hat den gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, "wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt" (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 30 SGB I). Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt § 30 SGB I indessen nicht für anwendbar. Der zu den Strukturprinzipien der Sozialhilfe zählende Grundsatz, dass ein Anspruch auf Sozialhilfe einen tatsächlichen Aufenthalt im Inland voraussetze und ein Anspruch auf Sozialhilfe im Ausland nur dann bestehe, wenn dort ein gewöhnlicher Aufenthalt an einem bestimmten Ort begründet worden sei, gehe § 30 SGB I nach § 37 SGB I als Spezialnorm vor (OVG Hamburg, Urteil v. 4.7.1991, Bf IV 45/90, DÖV 1993 S. 39; BVerwG, Urteil v. 31.8.1995, 5 C 11/94, BVerwGE 99 S. 158). Einer so komplexen Konstruktion bedarf es indessen nicht. Dass die Gewährung von Sozialhilfe im Inland einen dortigen gewöhnlichen Aufenthalt voraussetzt, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit zumindest aus § 98. Dementsprechend kann auch Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nur dann gewährt werden, wenn dort ein gewöhnlicher Aufenthalt (i. S. v. § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I) besteht. Fehlt es an einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland wie im Inland, ist Sozialhilfe nicht zu gewähren. Mangels Regelungslücke ist § 24 – zumindest nach seiner Neufassung – daher auch nicht analog auf diejenigen (seltenen) Fälle anwendbar, in denen der Hilfesuchende seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland bereits aufgegeben, einen solchen im Ausland aber noch nicht begründet hat (a. A. BVerwG, Urteil v. 31.8.1995, a. a. O., für § 119 Abs. 1 BSHG). Ist der Aufenthalt im Ausland – wie z. B. bei nichtsesshaften Personen – von einem ständigen Wechsel des Aufenthaltsortes geprägt, liegt kein gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland i. S. d. § 24 vor. In allen diesen Fällen kommt ggf. nur Hilfe nach § 5 Konsulargesetz (KonsG) v. 11.9.1974 (BGBl. I S. 2317), zuletzt geändert durch Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S 3022) in Betracht (vgl. dazu Rz. 29).
Rz. 11
Ein rein tatsächlicher Aufenthalt im Ausland, z. B. wegen eines Ferienaufenthaltes, begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. Das gilt auch dann, wenn der Aufenthalt mehrere Monate dauert, solange er mit dem festen Willen zur Rückkehr verbunden ist (z. B. Überwinterung auf den Kanarischen Inseln; vgl. OVG Hamburg, Urteil v. 4.7.1991, a. a. O.). Ein behindertes Kind, das sich in Begleitung seiner Mutter für längere Zeit, aber nur zur Durchführung einer Therapie und mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis im Ausland aufhält, hat dort nach Maßgabe des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I keinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. v. § 24 Abs. 1 Satz 1 (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 6.2.1996, 8 A 2866/93, ZfS 1996 S. 372). Dagegen hat ein Internatsschüler, der aus gesundheitlichen Gründen bis auf Weiteres nicht am Wohnsitz seiner Eltern leben kann, seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Schulort (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 14.2.1990, 6 S 1797/88, FEVS 41 S. 119).
Rz. 12
Ein Studium im Ausland kann dazu führen, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland begründet wird. Hierbei wird es darauf ankommen, ob die Dauer des studienbedingten Auslandsaufenthalts und eine Rückkehr in das Bundesgebiet als offen anzusehen ist. Maßgeblich sind insoweit die Umstände des jeweiligen Einzelfalles (vgl. Coseriu, a.a.O., § 24 Rz. 21).
Rz. 13
Bei einer Inhaftierung von mehr als 2 Monaten fehlt es zwar mangels Aufenthaltswillens an der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes i. S. v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. In diesem Fall ist § 24 jedoch über § 5 Abs. 6 Satz 1 KonsG anzuwenden, und zwar rückwirkend vom Zeitpunkt der Inhaftierung an (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.1.1992, 8 B 7/92, FEVS 42 S. 292).
Rz. 14
Unverändert geblieben ist dagegen § 23 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung) v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046). Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
Zitat
§ 23 Eingliederungsmaßnahmen im Ausland
Maßnahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen können auch im Ausland durchgeführt werden, wenn dies im Interesse der Eingliederung des behinderten Menschen geboten ist, die Dauer der Eingliederungsmaßnahmen durch den Auslandsaufenthalt nicht wesentlich verlängert wird und keine unvertretbaren Mehrkosten entstehen.
Nach dieser Vorschrift steht es folglich im pflichtgemäßen Ermessen des Soziahilfeträgers, ob entsprechende Leistungen im Ausland erbracht werden. Voraussetzung für eine Eingliederungsmaßnahme im Ausland ist, dass sie im Interesse der Eingliederung des behinderten Menschen geboten ist, dass die Dauer der Einglied...