Rz. 16
Das Tatbestandsmerkmal der fehlenden Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Eilfall dient der Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 25 und § 18. Mit dem durch § 18 beschriebenen Zeitpunkt der Kenntnisnahme beginnt der eigene Anspruch des Sozialhilfeberechtigten und damit ein Sozialleistungsverhältnis zwischen ihm und dem Sozialhilfeträger, das das Einschreiten eines Dritten nicht mehr erforderlich macht. Im selben Zeitpunkt erlischt also der Erstattungsanspruch des Nothelfers (h. M.: Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 25 Rz. 5; Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 25 Rz. 8; Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 25 Rz. 22; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.11.2007, L 7 SO 5195/06, KHR 2008 S. 46; BVerwG, Urteil v. 2.4.1987, 5 C 67/84, BVerwGE 77 S. 181; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.5.2000, 22 A 2172/98, DVBl. 2001 S. 578).
Rz. 17
Diese Abgrenzung war allerdings keineswegs unumstritten. Vielmehr wurde in der Rechtsprechung zum Teil unter Hinweis auf die unterschiedliche Zielrichtung der §§ 18 und 25 die Auffassung vertreten, der Begriff der Kenntnis sei in beiden Vorschriften unterschiedlich auszulegen (zustimmend: Neumann, in: Hauck/Noftz, a,a,O., § 25 Rz. 23). Der Interessenlage bei § 25 entspreche es, sowohl das Kennenmüssen als auch die Kenntnis zurechenbarer Stellen (vgl. dazu die Komm. zu § 18) außer Betracht zu lassen und allein auf die positive Kenntnis des örtlich und sachlich zuständigen Sozialhilfeträgers abzustellen (VGH Mannheim, Urteil v. 23.4.1997, 6 S 3302/95, FEVS 48 S. 123, Dauber, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 25 Rz. 17; differenzierend offenbar: Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 25 Rz. 24). Dieser Ansicht ist indessen zu widersprechen. Sie wird zwar getragen von dem verständlichen Bemühen, den Dritten nach dem durch § 18 bestimmten Zeitpunkt jedenfalls dann nicht schutzlos zu lassen, wenn er seine Hilfeleistung fortsetzt. Andererseits wird der Dritte insoweit zumindest mittelbar geschützt, als wenigstens der Leistungsberechtigte nach Entstehen seines eigenen Anspruchs Ersatz seiner Aufwendungen für die Leistungen des Dritten verlangen kann. Damit wird seine finanzielle Leistungsfähigkeit gegenüber dem Dritten jedenfalls dem Grunde nach gewährleistet. Zudem liegt es im Ermessen des Sozialhilfeträgers nach § 17 Abs. 2 Satz 1, die dem Leistungsberechtigten für den fraglichen Zeitraum zustehende Leistung unmittelbar an den Dritten auszuzahlen (vgl. die Komm. zu § 17). Im Übrigen ist die Frage, ob der Dritte über den in § 18 bestimmten Zeitpunkt hinaus einer weitergehenden Privilegierung bedarf, Gegenstand der Beratungen des Gesetzgebers gewesen. So hat der Ausschuss für Gesundheit des Bundestages empfohlen, den damaligen § 121 BSHG um den Satz "Mit Zustimmung des Leistungsberechtigten sind die Aufwendungen auch für den Zeitraum bis zur Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfe zu erstatten; die Zustimmung wird vermutet, wenn der Leistungsberechtigte die Leistung vor der Entscheidung nicht selbst bei dem zuständigen Träger der Sozialhilfe in Anspruch nimmt" zu ergänzen (BT-Drs. 13/3904 S. 22). Dieser Empfehlung ist der Gesetzgeber indessen nicht gefolgt (vgl. hierzu auch: Neumann, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 25 Rz. 30).
Zwischenzeitlich hat das BSG klargestellt, dass – da der bei einem unzuständigen Leistungsträger gestellte Antrag (vgl. dazu Rz. 28 ff.) auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund der Anwendbarkeit des § 16 SGB I als gegenüber dem zuständigen Sozialhilfeträger gestellt gilt – der Anspruch des Nothelfers mit diesem Zeitpunkt entfällt (BSG, Beschluss v. 13.2.2014, B 8 SO 58/13 B).
Rz. 18
Hat der Nothelfer dem Sozialhilfeträger Mitteilung von dem Hilfefall gemacht, kann er mithin für die nach dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme entstandenen Aufwendungen keinen Erstattungsanspruch mehr nach § 25 geltend machen. Daraus folgt indessen nicht, dass es der Nothelfer selbst in der Hand hat, das zeitliche Ende des Erstattungsanspruchs durch Verzögerung der Mitteilung zu bestimmen, weil es insoweit nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme ankommt, sondern denjenigen, zu dem der Notfall hätte bekannt gegeben werden können.