2.1 Örtliche und überörtliche Träger
Rz. 3
Durch die Zuweisung des Aufgabengebietes der Sozialhilfe an örtliche und überörtliche Träger in Abs. 1 wird vom Gesetzgeber vorgegeben, dass unterschiedliche Ebenen bei der Erbringung von Leistungen – je nach deren Tragweite und Bedeutung – vorzusehen sind. Es handelt sich hier um eine organisatorische Umsetzung des Sozialstaatsprinzips. Zugleich findet sich in dieser Regelung auch die Gewähr für die kommunale Selbstverantwortung (Art. 28 Abs. 2 GG), (Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 6. Aufl. 2018, § 3 Rz. 3, 5). Die Zuständigkeitsregelungen sind Bestandteil der Ordnung des allgemeinen Staats- und Verwaltungsaufbaus und als zwingende Regelungen nicht über Länderrecht abänderbar (Schoch, Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 3 Rz. 1, 2). Zu weiteren verfassungsrechtliche Aspekten vgl. Schlegel/Voelzke, Juris-Praxiskommentar SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 3 Rz. 4 ff.
Es ist durch diese gesetzgeberische Strukturentscheidung zugleich ausgeschlossen, dass etwa die Sozialhilfe nur von einer einzigen, zentral gesteuerten Stelle geprüft, bewilligt und vergeben wird. Außerdem ist wichtig, dass durch die vom Gesetzgeber vorgegebene Strukturentscheidung ausgeschlossen wird, dass die Sozialhilfe als staatliche Aufgabe ausgegliedert und deren Durchführung bzw. Erbringung durch Private wahrgenommen werden kann. Die Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge kommt aus Gründen des Sozialstaatsprinzips nicht in Betracht (Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 3 Rz. 7; Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, Kommentar, 18. Aufl. 2010, § 3 Rz. 14). Denkbar ist allenfalls, dass dort, wo es eine gesetzliche Ermächtigung dazu gibt (z. B. § 5 Abs. 5 SGB XII), die Aufgabenwahrnehmung z. B. durch Verbände der Freien Wohlfahrtspflege zulässig ist. Allerdings müssen dann die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege mit der Übertragung auch einverstanden sein (Schoch, a. a. O., § 3 Rz. 3).
Mit der Einbindung örtlicher Strukturen wird zudem dem Gesichtspunkt der Bürgernähe der Verwaltung Rechnung getragen.
Stets müssen bei der Anwendung des § 3 auch die Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit in §§ 97 ff. beachtet werden.
Die Festlegung von örtlichem und überörtlichem Träger schließt an die Regelung in § 28 SGB I an. Es handelt sich um eine Regelung der sachlichen Zuständigkeit, die nicht mit der örtlichen Zuständigkeit verwechselt werden darf (Schoch, a. a. O., § 3 Rz. 4 ff.; Linhart/Adolph, a. a. O., 87. Aktualisierungslieferung, Stand: Juni 2014, § 3 Rz. 3; Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 3 Rz. 9).
Die überörtlichen Träger sind zum Teil staatliche und zum Teil auch kommunalverbandliche Träger (Fichtner/Wenzel, SGB XII – Sozialhilfe mit AsylbLG, Kommentar, 4. Aufl. 2009, § 3 Rz. 2 ff.).
2.2 Örtliche Trägerbestimmung durch Landesrecht
Rz. 4
In § 3 Abs. 2 wird zunächst in Satz 1 festgelegt, dass die kreisfreien Städte und die Kreise als örtliche Träger zuständig sind. Allerdings wird dem einzelnen Landesgesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, Abweichendes zu regeln. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sind zugleich örtlicher und überörtlicher Träger der Sozialhilfe; die Stadt Bremerhafen ist ein eigener örtlicher Träger (vgl. auch Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 3 Rz. 2).
Durch eine landesrechtliche Regelung kann aber keinesfalls bestimmt werden, dass die Aufgaben von der örtlichen auf die überörtliche Ebene verlagert werden, z. B. dadurch, dass man überörtliche Behörden (wie etwa Regierungspräsidenten oder Landschaftsverbände) zu örtlichen Sozialhilfeträgern erklärt.
Die Träger der Sozialhilfe sind im Übrigen frei darin, wie sie die Sozialhilfeverwaltung intern organisieren (Schoch, a. a. O., § 3 Rz. 11; Schellhorn, a. a. O., § 3 Rz. 12). Das im Einzelfall tätig werdende Sozialamt ist Behörde des jeweiligen Sozialhilfeträgers (Linhart/Adolph, a. a. O., § 3 Rz. 9). Wichtig ist, dass es für das Einsetzen der Sozialhilfe (vgl. § 18) auf die Kenntnis des jeweiligen Trägers und nicht des Sozialamtes ankommt (Linhart/Adolph, a. a. O.).
Rz. 5
Auch wenn die ursprüngliche Gesetzesbegründung mehr als dürftig ausfällt, kann wohl nur gemeint sein, dass der Landesgesetzgeber die Möglichkeit erhalten sollte, die örtliche Ebene von der Kreis- auf die Gemeindeebene herunterzuziehen. Es wäre dadurch zumindest theoretisch sichergestellt, dass eine noch unmittelbarere Bürgernähe erreicht werden könnte. Der einzelne Hilfesuchende müsste bei einer derartigen Regelung nicht mehr in die nächste Kreisstadt fahren, um seine Ansprüche anmelden zu können, sondern könnte vor Ort in der Gemeinde Hilfe erfahren.
Der Landesgesetzgeber muss bei seinen Entscheidungen allerdings stets beachten, dass die Eintrittsschwelle zur Erreichung von Sozialhilfeleistungen so niedrig wie möglich ausgestaltet werden muss. Hier kommt der auch für das SGB XII geltenden Vorschrift des § 17 SGB I besondere Bedeutung zu, in der Vorgaben zur "Ausführungen der Sozialleistungen" gemacht werden. Insoweit ist eben auch auf eine gewisse Bürgernähe zu achten. Bei Streitigkeiten zwischen Sozialhilfeträgern über die Zustä...