Rz. 71

Abs. 9 ist zum 1.1.2021 durch Art. 2 Nr. 3 Buchst. d des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie weiterer Gesetze v. 9.12.2020 (BGBl. I S. 2855) hinzugekommen. Soweit Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften haben, sind diese als Mehrbedarf anzuerkennen. Der Gesetzgeber hat damit die Rechtsprechung des BSG nachvollzogen. Dieses hatte entschieden, dass die Kosten für Schulbücher als Härtefall-Mehrbedarf zu übernehmen sind, wenn Schülerinnen und Schüler mangels Lernmittelfreiheit ihre Schulbücher selbst kaufen müssen (Urteil v. 8.5.2019, B 14 AS 6/18 R). Die Norm ergänzt die in § 34 Abs. 3 vorgesehenen Pauschalleistungen für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (vgl. Komm. dort). Hierdurch soll dem individuellen Bedarf an Schulbüchern u. Ä. Rechnung getragen werden. Eine entsprechende Regelung ist zeitgleich in § 21 Abs. 6a SGB II aufgenommen worden. Anders als im SGB II wird die Regelung in Abs. 9 nicht von der Kappungsgrenze in Abs. 6 erfasst. Die Leistungen werden unabhängig von der Höhe anerkannter Mehrbedarfe nach den Abs. 1 bis 5 in vollem Umfang erbracht.

 

Rz. 72

Nach dem Gesetzeswortlaut umfasst der eigenständige Mehrbedarf den Ausgleich für Aufwendungen für Kauf oder entgeltliche Ausleihe von Schulbüchern und Arbeitsheften, die ersteren gleichstehen. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für eine weite Auslegung (vgl. Falterbaum, in: Hauck/Noftz SGB XII, 2. EL 2024, § 30 Rz. 53). Nach der Gesetzesbegründung sollen die Arbeitshefte über eine ISBN-Nummer verfügen (vgl. BT-Drs. 19/24034 S. 33). Voraussetzung für die Anerkennung als Mehrbedarfs ist, dass für die betreffende Schülerin bzw. den Schüler im jeweiligen Bundesland oder in der jeweiligen Schule – ganz oder teilweise – keine Lernmittelfreiheit und damit keine Möglichkeit einer unentgeltlichen Anschaffung oder Ausleihe der Schulbücher bzw. der Arbeitshefte besteht. Zudem muss die Benutzung des Buches bzw. Arbeitshefts durch die Schule oder den jeweiligen Fachlehrer vorgegeben sein. Der Begriff "schulische Vorgabe" lässt sich ebenfalls weit auslegen. Die Gesetzesbegründung spricht von der Vorgabe durch die Schule oder den jeweiligen Fachlehrer. Durch einen Fachlehrer für spezielle Schülerinnen und Schüler individuell, etwa zur Nachholung versäumten Unterrichtsstoffes, empfohlene Bücher bzw. Arbeitshefte dürften daher ebenfalls erfasst sein (a. A. vgl. Falterbaum, a. a. O.).

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