Rz. 8
Der Begriff "angemessene Alterssicherung" findet sich nicht nur hier, sondern auch in anderen Vorschriften des SGB XII (vgl. z. B. § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.d. bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung – dazu auch Rz. 14 sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 19.4.2010, L 20 SO 44/08 – oder § 90 Abs. 3 Satz 2 sowie ähnlich § 82 Abs. 2 Nr. 3 – dazu auch Rz. 5 und Rz. 17). Jedenfalls teilweise kann die zu den jeweiligen Vorschriften ergangene Rechtsprechung übertragen werden (so ausdrücklich zum vorgenannten § 65 Abs. 1 Satz 1 – früher: § 69b Abs. 1 Satz 1 BSHG: BVerwG, Urteil v. 27.6.2002, 5 C 43/01 Rz. 15 m. w. N.).
Rz. 9
Seit dem 1.1.2009 enthält § 33 (Abs. 1) eine beispielhafte Aufzählung (vgl. Rz. 2) von Beiträgen zu unterschiedlichen Alterssicherungssystemen, deren Übernahme in Betracht kommt. Nicht genannt sind z. B. Beiträge zu einer betrieblichen Altersvorsorge oder zu einer privaten Renten- oder Lebensversicherung. Auch hierfür können Beiträge übernommen werden, sofern die Voraussetzungen vorliegen.
Rz. 10
Mit Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (Nr. 1) sind Beiträge zur freiwilligen Versicherung gemäß § 7 SGB VI gemeint. Die Versicherungstatbestände, aus denen Beiträge zu den landwirtschaftlichen Alterskassen (Nr. 2) erwachsen können, ergeben sich aus den §§ 1, 4, 5 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Was berufsständische Versorgungseinrichtungen (Nr. 3) sind, ist der Legaldefinition des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu entnehmen. Solche Versorgungseinrichtungen gibt es für die freien Berufe (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten usw.).
Rz. 11
Abs. 1 Nr. 4 und 5 wurden eingeführt, um der zunehmenden Bedeutung der kapitalgedeckten Altersvorsorge neben den herkömmlichen Alterssicherungssystemen Rechnung zu tragen (BT-Drs. 16/10488 S. 19 zu Art. 7). Dabei betrifft Nr. 4 Verträge, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2b Einkommenssteuergesetz (EStG) gefördert werden (sog. Rürup-Rente), und Nr. 5 solche nach §§ 10a, 79 ff. EStG (sog. Riester-Rente). Die zuletzt genannten Beiträge können nur übernommen werden, "soweit" sie den Mindesteigenbetrag (§ 86 EStG) nicht überschreiten.
Rz. 12
Angemessen ist eine Alterssicherung, wenn die bei Erreichen der maßgebenden Altersgrenze zu erwartende Rente den Betroffenen voraussichtlich ganz oder teilweise unabhängig von Sozialhilfe machen wird (BVerwG, Urteil v. 24.6.1999, 5 C 18/98 Rz. 7; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 23.3.2007, L 8 SO 39/06 Rz. 35 m. w. N. auch zu zum Teil strengeren bzw. abweichenden Entscheidungen aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung; wie hier: H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 33 Rz. 8 m. w. N., und Herbst, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 8.6.2020, § 33 Rz. 36). Andererseits ist eine Alterssicherung nicht angemessen bzw. sind Beiträge hierfür nicht (mehr) erforderlich, wenn bereits sichergestellt ist, dass der Betroffene im Alter unabhängig von Sozialhilfe leben kann bzw. dies unabhängig von einem Tätigwerden des Trägers der Sozialhilfe nach § 33 Abs. 1 zu erwarten ist (Hamburgisches OVG, Beschluss v. 25.11.1998, 4 Bs 373/98 Rz. 8 m. w. N.; a. A. Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 11/2018, § 33 Rz. 14 m. w. N.). Unabhängig von Sozialhilfe ist er (erst) dann, wenn er mit seinem Alterseinkommen den Regelbedarf zzgl. eventueller zusätzlicher und einmaliger Bedarfe sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung decken kann (BVerwG, Urteil v. 22.3.1990, 5 C 40/86 Rz. 17).
Rz. 13
Dies macht eine genaue Bewertung bzw. Einschätzung der bereits erworbenen bzw. zu erwartenden Alterssicherungsansprüche des Betroffenen – ggf. auch aus unterschiedlichen Quellen – ebenso erforderlich, wie Überlegungen zu den künftigen Lebensverhältnissen (z. B. freies Wohnrecht im Alter o. ä.). Unter dem Gesichtspunkt der "Erforderlichkeit" ist dabei auch zu berücksichtigen, ob der jeweilige Hilfeaufwand in einem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu der dadurch erlangten Alterssicherung steht (Wrackmeyer-Schoene, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 7. Aufl. 2020, § 33 Rz. 14 f., der eine gesonderte Prognose der Erforderlichkeit für geboten hält).
Rz. 14
Die Beitragsübernahme für eine Pflegeperson nach § 65 in der bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung (vgl. Rz. 8) geht als speziellere Hilfe (§ 65 Abs. 1 Satz 1) bzw. als Pflichtleistung der allgemeinen Ermessensleistung des § 33 Abs. 1 vor (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Aufl. 2015, § 33 Rz. 7). Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei § 65 a. F. um einen Anspruch des Pflegebedürftigen handelt, der nur im wirtschaftlichen Ergebnis der Alterssicherung der Pflegeperson zugutekommt.
Rz. 15
Die Einräumung von Ermessen soll es der Verwaltung ermöglichen, den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen (BT-Drs. 16/10488 S. 19). Von Bedeutung sind insoweit insbesondere die Sicherheit der gestellten Prognose, wirtschaftliche Gesichtspunkte auf Verwaltungsseite und die früheren Lebensverhältnis...