Rz. 31
Ebenso wie Abs. 3 ist die Regelung des Abs. 5 eine unmittelbare Folge des Urteils des BVerfG v. 9.2.2010 (1 BvL 1/09 u. a.). Das BVerfG hatte (a. a. O., Rz. 180 ff.) bemängelt, dass die in der Abteilung 10 (Bildungswesen) der EVS 1998 erfassten Ausgaben bei der Bedarfsbemessung außer Acht gelassen wurden. "Die nachgeschobene Erwägung der Bundesregierung, dass die Bedarfsdeckung insoweit den Ländern obliege, weil diese für das Bildungswesen zuständig seien", hielt das BVerfG nicht für tragfähig. Der Gesetzgeber habe deutlich gemacht, dass er das Existenzminimum vollständig sichern wolle. Der Bund trage dementsprechend die Verantwortung für die Sicherstellung des gesamten menschenwürdigen Existenzminimums. Dieser Verantwortung könne er sich nicht durch eine abstrakte Verweisung auf konkurrierende Landeskompetenzen entziehen, die er den Ländern durch sein eigenes Gesetz bereits versperrt habe, und mit dieser Begründung von der Berücksichtigung solcher Ausgaben absehen, die nach seinen eigenen normativen Wertungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendig sind (BVerfG, a. a. O., Rz. 181).
Rz. 31a
Die Vorschrift greift unmittelbar in das Bildungsgeschehen ein und ist daher unter kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten nicht unbedenklich (Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 34 Rz. 42). Aus rechtspolitischer Sicht wirft sie insbesondere das Problem der Etablierung eines "pseudo-schulischen" Leistungszweiges auf (Knickrehm, Soziale Sicherheit 2014 S. 157, 161 m. w. N.). Zur Vermeidung größerer Verwerfungen ist daher eine eher enge Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen geboten und außerdem ein Augenmerk auf die Subsidiarität (dazu Rz. 35) der Leistungen zu richten.
Rz. 32
Ebenso wie Abs. 4 ist die Regelung von mehreren unbestimmten Rechtsbegriffen geprägt, um hinreichend flexibel auf die unterschiedlichen landesrechtlichen Vorgaben des Schulrechts reagieren zu können (Groth, a. a. O., Rz. 309). Leistungsberechtigt sind Schülerinnen und Schüler (vgl. Rz. 9).
Rz. 33
Was genau unter "Lernförderung" zu verstehen ist, definiert weder das Gesetz selbst noch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404 S. 105, 124). In der Regel wird es sich hierbei um privaten Nachhilfeunterricht handeln, andere Maßnahmen sind aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Groth, a. a. O., Rz. 315; Klerks, a. a. O., S. 153). Denn Lernförderung ist mehr als nur Nachhilfe und umfasst grundsätzlich jede Förderung Lernender, wozu auch ein Unterricht zur Lese-Rechtschreibförderung über eine längere Zeit hinweg gehören kann (so BSG, Urteil v. 25.4.2018, B 4 AS 19/17 R Rz. 18 ff.; vgl. aber auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.5.2018, L 7 AS 2087/17 Rz. 23 ff.; ferner LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 15.3.2017, L 12 AS 134/15 zu den Kosten einer Nachmittagsbetreuung). Gesetzlich vorgegeben ist, dass die Maßnahmen auf die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele gerichtet sein müssen (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 7.3.2013, L 2 AS 1679/12 B Rz. 5; zu weiteren Einzelfällen vgl. hier Rz. 48). Die wesentlichen Lernziele sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404 S. 105) regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau, wobei eine auf das Schuljahresende bezogene prognostische Beurteilung unter Einbeziehung der schulischen Förderangebote zu treffen ist (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 13.5.2011, L 5 AS 498/12 B ER Rz. 24; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.5.2016, L 12 AS 1643/16 ER-B). Wesentlich bei der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen ist die Einschätzung der zuständigen Lehrkräfte (dazu SG Speyer, Beschluss v. 27.3.2012, S 6 AS 362/12 ER Rz. 22; SG Stade, Beschluss v. 22.11.2012, S 28 AS 781/12 ER Rz. 2). Eine Verbesserung zum Erreichen einer besseren Schulartempfehlung soll nach der Gesetzesbegründung (a. a. O.) regelmäßig kein Grund für Lernförderung sein (vgl. dazu auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 28.6.2011, L 5 AS 40/11 B ER Rz. 13 ff.; LSG Hessen, Urteil v. 13.11.2015, L 9 AS 192/14 Rz. 32 – zur Vermeidung des Absinkens auf die Notenstufe ausreichend). Dagegen wird zu Recht eingewandt (Klerks, a. a. O.), dass insoweit nach dem Gesetzeswortlaut allein die schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes maßgebend sind. Da es "nur" um die Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums geht, dürften Hilfen zur Erlangung eines qualifizierten Schulabschlusses i. d. R. nicht in Betracht kommen. Solche sind aber auch nicht generell ausgeschlossen. Der Begriff "angemessen" kann in diesem Zusammenhang als auf das jeweils erreichbare Leistungsniveau der betroffenen Schülerin bzw. des betroffenen Schülers bezogen verstanden werden (vgl. hierzu auch die Stellungnahme des Deutschen Vereins v. 28.2.2013 C, 1 – abrufbar auf der Homepage des Deutschen Vereins im Internet unter http://www.deutscher-verein.de).
Rz. 33a
Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Formulierung in der Ge...