Rz. 37
Hintergrund für die Reglung ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404 S. 106, 125), dass die Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung ein wichtiges Element der sozialen Teilhabe in der Schule darstellt. Die Möglichkeit ebenso wie andere an Gemeinschaftsangeboten teilnehmen zu können, soll Ausgrenzungsprozesse und eventuelle Auswirkungen auf den schulischen Erfolg verhindern. Außerdem wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das Schulmittagessen im Regelfall höhere Kosten verursacht, als im Regelbedarf für die Mittagsverpflegung enthalten sind. Diese Kosten sollen ausgeglichen werden, damit die Leistungsberechtigten, nicht faktisch von der schulischen Mittagsverpflegung ausgeschlossen werden, sondern Teilhabe ermöglicht wird. Dabei wird berücksichtigt, dass das Schulmittagessen konzeptionell nicht allein dem Zweck der Nahrungsaufnahme dient, sondern daneben auch eine sozialintegrative Funktion besitzt. Durch die Leistung werden andere, bislang durch die Länder erbrachte Leistungen – z. B. der in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2007 eingerichtete Landesfonds "kein Kind ohne Mahlzeit" – überflüssig (Klerks, a. a. O., S. 155).
Rz. 37a
Bis zum 31.7.2019 sah die gesetzliche Regelung vor, dass nur die Mehraufwendungen im Vergleich zu den bereits im Regelbedarf berücksichtigten Kosten für Ernährung (Mittagessen) vom Träger der Sozialhilfe zu übernehmen waren. Aufgrund dessen musste ein recht hoher Verwaltungsaufwand betrieben werden, um einen vergleichsweise geringen Eigenanteil der Leistungsberechtigten zu ermitteln und ggf. durchzusetzen. Ferner war zu beobachten, dass der Essensvertrag oder eventuell sogar der gesamte Betreuungsvertrag allein wegen eines relativ kleinen, im Regelfall nicht eintreibbaren Betrags gekündigt wurde (BT-Drs. 19/5704 S. 47). Dies hat der Gesetzgeber als unbefriedigend angesehen und daher Satz 1 mit Wirkung vom 1.8.2019 dahingehend geändert, dass die Kosten für das Mittagessen nunmehr in vollem Umfang übernommen werden (vgl. BT-Drs., a. a. O., sowie S. 51).
Rz. 38
Leistungsberechtigt sind Schülerinnen und Schüler (Abs. 6 Satz 1 und 2; vgl. zu dem Begriff Rz. 9) sowie Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird (Abs. 6 Satz 1; vgl. zu den Begrifflichkeiten Rz. 15). Für Schülerinnen und Schüler, die einen Hort besuchen, gilt die Übergangsregelung des § 131 Abs. 4 Satz 2 (vgl. die dortige Komm.).
Rz. 39
Die Anerkennung des Mehrbedarfs setzt allerdings (weiterhin) voraus, dass das Mittagessen in schulischer Verantwortung angeboten, gemeinschaftlich ausgegeben und eingenommen wird. Schulisch verantwortet ist das Mittagessen nach Einschätzung des Gesetzgebers auch dann, wenn es – wie in der Praxis häufig – aufgrund enger Abstimmung zwischen der Schule und einer Tageseinrichtung dort eingenommen wird. Er hat sich daher veranlasst gesehen, diese Möglichkeit als "Regelbeispiel" in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen (vgl. BT-Drs. 19/8613 S. 26). (Mittags-)Verpflegung, die an Kiosken auf dem Schulgelände angeboten wird, erfüllt die Voraussetzungen für ein Mittagessen in schulischer Verantwortung nicht, wobei der Übergang fließend sein kann (Klerks, a. a. O., S. 155). Es ist daher ggf. im Einzelfall zu prüfen, ob eine gemeinschaftliche Ausgabe bzw. ein Angebot in schulischer Verantwortung vorliegt oder nicht. Bis zum 31.12.2013 reicht es jedoch aus, wenn das Mittagessen in einer Einrichtung nach § 22 SGB VIII (zum Begriff vgl. Rz. 14) eingenommen wird (vgl. § 131 Abs. 4 Satz 4 und die dortige Komm.). Die Kosten selbst organisierter Mittagsverpflegung von Schülern können weder aus religiösen noch aus gesundheitlichen Gründen übernommen werden (LSG Bayern, Beschluss v. 30.1.2012, L 7 BK 1/12 B ER Rz. 20 f.).
Rz. 40
Die Bedarfsbemessung der Höhe nach erfolgt anhand der durchschnittlichen Anzahl der Tage, an denen Schülerinnen und Schüler an einer Schule mit angebotener Gemeinschaftsverpflegung die Leistung in Anspruch nehmen können. Abweichungen aufgrund von beweglichen Ferientagen, Unterrichtsausfall, schulinterner Fortbildungen, vorübergehender Erkrankung und Klassenfahrten sind nicht zu berücksichtigen. Örtlich wird auf das Bundesland abgestellt, in dem die leistungsberechtigte Person die Schule besucht (Abs. 6 Satz 3). Dies gilt nicht für Kindertageseinrichtungen. Hier sind die jeweiligen Besonderheiten vor Ort zu berücksichtigen (zum Ganzen: BT-Drs. 17/3404 S. 106, 126). D.h. es kommt darauf an, an welchen und an wie vielen Tagen das Kind üblicherweise die Einrichtung besucht. Zur Leistungsbemessung der Höhe nach im ersten Quartal 2011 vgl. die Übergangsregelung in § 131 Abs. 4 Satz 1.