Rz. 7
Der Wortlaut des Gesetzes setzt für die Inanspruchnahme eines ergänzenden Darlehens nach Abs. 1 zunächst einen Antrag und damit ein Tätigwerden des Berechtigten voraus (krit. dazu Siefert, in: jurisPR-SozR 4/2016 Anm. 1, II. 2.). Die Vorschrift bildet also eine Ausnahme zu § 18.
Rz. 8
Vor dem Hintergrund der Einführung der Regelung und der Gesetzesbegründung kommt die Gewährung ergänzender Darlehen nur an solche Personen in Betracht, die bereits Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen und damit die Voraussetzungen in § 19 Abs. 1 erfüllen.
Rz. 9
Ferner muss es sich bei dem zu deckenden Bedarf um einen solchen handeln, der von dem Regelbedarf nach § 27a erfasst ist, wobei die Abgrenzung zu den sonstigen in anderen Vorschriften (z. B. §§ 30 bis 35a sowie im Fünften bis Achten Kapitel) abgedeckten Bedarfen im Einzelfall schwierig sein kann (dazu Busse/Pyzik, NDV 2009 S. 94; Mester, ZfF 2015 S. 169, sowie die Komm. zu § 27a und nachfolgend unter Rz. 19 f.). Teilweise wird es für geboten gehalten, § 37 ggf. im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auch auf Fälle anzuwenden, die Bedarfe jenseits von § 27a betreffen, wenn ansonsten das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletzt wäre (vgl. Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 37 Rz. 9 f. m. w. N.; Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, K § 37 Rz. 19).
Rz. 9a
Andererseits hat eine Abgrenzung zu solchen Bedarfen zu erfolgen, die zwar ihrer Art nach vom Regelbedarf erfasst sind, jedoch im individuellen Fall dauerhaft nicht unerheblich erhöht sind. In solchen Fällen greift nicht § 37, sondern § 27a Abs. 4 Satz 1 (vgl. hierzu auch Rz. 3, einige der unter Rz. 22 genannten Beispielsfälle und ausführlich Falterbaum, a. a. O., Rz. 28). Verschärfend kommt hinzu, dass es sich um einen nach den Umständen unabweisbar gebotenen Bedarf handeln muss, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1514 S. 61 zu § 38) wird durch den Hinweis "auf keine andere Weise" zum Ausdruck gebracht, dass die Leistungsberechtigten vorrangig auf eine andere Bedarfsdeckung, etwa aus dem Schonvermögen oder von dritter Seite (z. B. auf Gebrauchtwarenlager und Kleiderkammern, vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.3.2008, L 20 B 16/08 SO ER Rz. 8), verwiesen werden sollen. In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt (§ 31 SGB I) und die Formulierung der Parallelvorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung eingewandt worden, Betroffene könnten nicht auf den Einsatz von Schonvermögen, insbesondere des Freibetrages nach § 90 Abs. 2 Nr. 9, verwiesen werden (Busse/Pyzik, NDV 2009 S. 94; krit. auch Armborst, in: LPK-SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 37 Rz. 6). Dies steht jedoch mit der Gesetzesbegründung (s. o.) nicht in Einklang. Auch der Gesetzeswortlaut schließt den Rückgriff auf Schonvermögen nicht aus. Hinzu kommt, dass § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der seit dem 1.1.2011 geltenden Fassung (= § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F.) selbst den Hinweis auf § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II inzwischen nicht mehr enthält, was aber wohl nicht zu einer inhaltlichen Änderung geführt hat (vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 102 zu § 24). Denn die Vorschrift über die Verpflichtung zum Einsatz von Schonvermögen findet sich nunmehr allgemein und verschärft in § 42a Abs. 1 Satz 1 SGB II. Im SGB II ist also weiter, und zwar sogar noch in größerem Umfang als bis zum 31.12.2010, der Rückgriff auf Schonvermögen möglich. Es dürfte daher auch im SGB XII zumutbar sein, vorübergehend jedenfalls auf den Schonbetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 zurückzugreifen (so auch Becker, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 23.1.2017, § 37 Rz. 43 m. w. N. auch für die Gegenansicht). Auf fiktive Ansparleistungen, und private Kreditaufnahme kann nach einhelliger Meinung jedenfalls nicht verwiesen werden (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 37 Rz. 7 m. w. N.). Zudem ist es unschädlich für den Anspruch nach § 37 Abs. 1, wenn ein Dritter (insbesondere Freund, Verwandter) nur deswegen und vorläufig eingesprungen ist, weil der Leistungsträger trotz Kenntnis von der Bedarfslage nicht geleistet hat (zur Rechtslage nach dem BSHG: BVerwG, Urteil v. 23.6.1994, 5 C 26/92 Rz. 9).
Rz. 9b
Wann ein Bedarf als unabweisbar anzusehen ist, kann nicht allgemein, sondern nur bezogen auf den Einzelfall festgelegt werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Begriff "unabweisbar" auch in anderen Vorschriften (vgl. § 27a Abs. 4 Satz 1 und § 23 Abs. 5 Satz 2) genannt ist, die erkennbar eine andere Zielrichtung haben. Inhaltliche Bedeutung für die Auslegung der Vorschrift kann der Beschluss des BVerfG v. 23.7.2014 (1 BvL 10/12 Rz. 116 ff.) erhalten, wonach die Sozialgerichte Darlehensregelungen ggf. verfassungskonform auzulegen ha...