Rz. 10a
Die Abs. 2 und 3 waren bis zum 31.12.2010 inhaltsgleich in § 35 Abs. 3 und 4 zu finden (vgl. Rz. 1a). Darüber hinaus existierte noch § 35 Abs. 5, der eine zwischenzeitliche überflüssig gewordene Übergangsregelung für das Jahr 2005 enthielt und deswegen gestrichen wurde (BT-Drs. 17/3404 S. 127). Hintergrund für die Einführung der Regelungen war die Kritik, die im Hinblick auf die Heranziehung von Personen in stationären Einrichtungen, die nur den Barbetrag nach § 27b Abs. 2 Satz 2 erhalten, zu den gesetzlichen Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung erhoben worden war (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 37 Rz. 10.1). Der Gesetzgeber hatte die Intention, das Verfahren hinsichtlich der Zuzahlungen für diese Bewohner von stationären Einrichtungen zu vereinfachen, finanzielle Überforderungen zu vermeiden und die Umsetzung einer in der Praxis entwickelten Verfahrensweise bundesweit sicherzustellen (vgl. BT-Drs. 15/3977; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 9.6.2008, L 20 SO 65/06 Rz. 40).
Rz. 10b
Die Vorschriften wurden im Gesetzgebungsverfahren insbesondere von der FDP-Fraktion als zu bürokratisch und zu kostenintensiv kritisiert (vgl. BT-Drs., a. a. O.). Es sei sinnvoller, die Berechtigten insgesamt von der Zuzahlungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien (vgl. zu der Problematik der Zuzahlungen von Berechtigten nach dem SGB V generell die Komm. zu § 48).
2.3.1 Darlehensgewährung (Abs. 2)
Rz. 10c
Der Träger der Sozialhilfe gewährt in Höhe des jährlichen Zuzahlungsbetrages ein Darlehen und zahlt dieses unmittelbar an die zuständige Krankenkasse aus (§ 267 BGB) Hierdurch wird es ermöglicht, die Krankenkasse zur Erteilung einer Befreiungsbescheinigung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V bereits zum 1.1. eines Jahres zu veranlassen (Abs. 3). Will der Berechtigte an diesem Verfahren nicht teilnehmen, weil er die Zuzahlungen auf andere Weise aufbringen kann, hat er die Möglichkeit, diesem Vorgehen zu widersprechen. Anders als im Rahmen von Abs. 1 (vgl. Rz. 7) ist das Darlehen also nicht antragsabhängig.
Rz. 10d
Um sicherzustellen, dass die Befreiungsbescheinigungen rechtzeitig zum 1.1. des jeweiligen Jahres ausgestellt werden können, hat der Träger der Sozialhilfe der zuständigen Krankenkasse rechtzeitig – spätestens bis zum 1.11. des Vorjahres – die zu befreienden Leistungsberechtigten zu benennen. Durch die Beschränkung auf Personen, die in der Vergangenheit dem vereinfachten Verfahren nicht bereits widersprochen haben, soll erreicht werden, dass das Verfahren nicht unnötigerweise auf Personen ausgedehnt wird, die voraussichtlich kein Interesse an einer Darlehensgewährung haben.
Rz. 10e
Durch einen Widerspruch gegen die Teilnahme an dem vereinfachten Verfahren wird das Recht, einen Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung nach § 62 SGB V zu stellen, nicht berührt.
2.3.2 Ausstellung der Befreiungsbescheinigung (Abs. 3)
Rz. 10f
Nach Abs. 3 erteilt die Krankenkasse jeweils zum 1.1. oder sonst bei (erstmaliger) Aufnahme in eine stationäre Einrichtung für alle vom Träger der Sozialhilfe mitgeteilten volljährigen Heimbewohner eine Bescheinigung über die Befreiung von der Zuzahlungsverpflichtung, die dem Träger der Sozialhilfe zur Weiterleitung an den Berechtigten übermittelt wird. Dadurch soll erreicht werden, dass der Berechtigte in einem Schreiben über die Darlehensgewährung und das Widerspruchsrecht informiert wird und er gleichzeitig die Befreiungsbescheinigung der Krankenkasse "aus einer Hand" vom Träger der Sozialhilfe erhält (vgl. BT-Drs. 15/3977). Ferner teilt die Krankenkasse dem Träger der Sozialhilfe die Höhe der von dem Berechtigten zu leistenden Zuzahlungen mit.
Rz. 10g
§ 35 Abs. 4 lautete: "… die Höhe der vom Leistungsberechtigten zu leistenden Zuzahlungen …". Demgegenüber legt der jetzige Gesetzeswortlaut ("… die Höhe der der leistungsberechtigten Person zu leistenden Zuzahlungen …") nahe, die leistungsberechtigte Person habe etwas zu bekommen, was unzutreffend ist und nur ein Redaktionsversehen sein kann, weil eine inhaltliche Änderung mit der Überführung von § 35 Abs. 4 in § 37 Abs. 3 nicht gewollt war (BT-Drs. 17/3404 S. 127).