Rz. 16
Zwar setzt § 38 Abs. 1 ebenso wie § 37 Abs. 1 die Bedürftigkeit des Berechtigten voraus, im Gegensatz zu § 37 Abs. 1 darf die Bedürftigkeit bzw. der Bezug von Leistungen zum Lebensunterhalt jedoch noch nicht längere Zeit andauern und muss in absehbarer Zeit zu beenden sein.
Rz. 17
Durch die im Vergleich zu § 15b BSHG eingefügte enumerative Nennung konreter Bedarfsgegenstände in Satz 1 sind die Regelungen in § 36 und § 38 klar voneinander getrennt. § 22 Abs. 1 Satz 2 enthält für die dortigen Fallgestaltung eine gegenüber § 38 speziellere Regelung (Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 38 Rz. 3 m. w. N.). § 38 findet keine Anwendung, wenn dies durch andere Vorschriften ausdrücklich ausgeschlossen ist (z. B. § 299 Satz 2 SGB VI sowie § 8 Abs. 1 Satz 2 BErzGG i. V. m. § 27 Abs. 2 BEEG). § 38 wird in § 42 zwar nicht ausdrücklich erwähnt, nach Sinn und Zweck der Regelung können aber auch die nach dem Vierten Kapitel Leistungsberechtigten (vgl. § 41) bei einer vorübergehenden Notlage Leistungen als Darlehen nach § 38 erhalten.
Rz. 17a
Nicht einheitlich wird die Frage beantwortet, in welchem Verhältnis die Möglichkeit der Darlehensgewährung nach § 38 zur Realisierung möglicher Erstattungsansprüche des Trägers der Sozialhilfe nach § 104 SGB X gegenüber anderen eigentlich vorrangig zuständigen Sozialleistungsträgern, die ihrer vorrangigen Leistungspflicht jedoch nicht nachgekommen sind, steht (vgl. dazu Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., m. w. N.). Es ist nicht erkennbar, warum auch in diesen Fällen § 38 nicht zur Anwendung gelangen soll, wenn die Voraussetzungen vorliegen, zumal die Erstattungsvorschriften der §§ 102 ff. SGB X nicht das Verhältnis des Trägers der Sozialhilfe zu den Hilfebedürftigen, sondern nur das Verhältnis der Sozialleistungsträger untereinander betreffen (zu einem solchen Fall: BSG, Urteil v. 29.6.1995, 11 RAr 87/94 Rz. 22). Es kann jedoch im Rahmen der Ermessenserwägungen (vgl. Rz. 11) zu berücksichtigen sein, ob bzw. wann ein solcher Erstattungsanspruch realisierbar sein wird (so auch Becker, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 5.1.2016, § 38 Rz. 38, sowie Streichsbier, a. a. O., Rz. 7; Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Erg.-Lfg. 3/18 VII/18, K § 38 Rz. 22).
Rz. 17b
Eine ähnliche – ebenso zu lösende – Problematik ergibt sich, wenn durch die Leistungsgewährung Unterhaltsansprüche des Hilfebedürftigen gegen Dritte auf den Träger der Sozialhilfe übergehen (§ 94). Hier kann es dem Sozialhilfeträger ebenfalls nicht grundsätzlich verwehrt sein, den Nachrang der Sozialhilfe (auch) ggf. gegenüber dem Hilfebedürftigen herzustellen, auch wenn er sich vorrangig an den Unterhaltsschuldner wenden sollte. Selbstverständlich kann er die erbrachten Leistungen insgesamt nur einmal (zurück-)fordern (ähnlich H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Aufl. 2015, § 38 Rz. 15; Falterbaum, a. a. O., sowie Streichsbier, a. a. O. Rz. 3 m. w. N. auch für die Gegenansicht).