0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat als Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 (Art. 70 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft und wurde seither nicht geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Durch die Vorschrift ist die alte Regelung des § 37 Abs. 2 BSHG, abgesehen von sprachlichen Anpassungen, nahezu wortgleich in das Recht des SGB XII übertragen worden. Inhaltliche Änderungen ergeben sich daraus nicht.
Zum Bedeutungsgehalt der Vorschriften der Hilfen zur Gesundheit nach dem Fünften Kapitel allgemein vgl. die Kommentierung zu § 48.
Rz. 3
Satz 1 bezieht sich auf Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten. Damit sind, ohne dass dies anders als in § 48 im Wortlaut unmittelbar zum Ausdruck kommt, die Leistungen des SGB V (§§ 22, 23, 24 sowie 25, 26 SGB V) angesprochen. Der Bezug zur Krankenversicherung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 Satz 1, aber auch aus der historischen Entwicklung der Vorschrift. Denn schon nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BSHG in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung waren Hilfen zur Früherkennung und Vorsorgeuntersuchungen zu gewähren, wenn Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung hierauf einen Anspruch hatten.
Rz. 4
Satz 2 räumt die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen ein, die über Satz 1 hinausgehen.
Rz. 5
Auf die Leistungen des § 47 besteht grundsätzlich ein Anspruch (Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 20. Erg.-Lfg. IV/10, § 47 Rz. 4). Dies gilt jedoch nicht für die Inanspruchnahme ambulanter oder stationärer Vorsorgeleistungen i. S. v. § 23 SGB V (vgl. Nolte bzw. Zieglmeier, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB V, 99. Erg.-Lfg. Mai 2018, § 23 Rz. 11/17, § 40 Rz. 25 ff.; Schlette, a. a. O., Rz. 6). Ein Ermessen ist dem zuständigen Leistungsträger insoweit nur im Hinblick auf Art, Ort, Umfang, Dauer, Beginn und Durchführung der Maßnahme eingeräumt. Unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 stehen die Leistungen auch ansonsten im Ermessen des zuständigen Trägers.
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsvoraussetzungen
Rz. 6
In persönlicher Hinsicht ergeben sich keine Einschränkungen. Es kommen also grundsätzlich alle Personen, die Sozialhilfe beziehen können, als Berechtigte in Betracht, sofern nicht § 2 Abs. 1 entgegensteht (vgl. dazu auch die Komm. zu § 48, s. o. Rz. 2).
Rz. 7
Der Wortlaut des Satzes 1 enthält keine konkreten Tatbestandsmerkmale, außer dass die Leistungen auf die Verhütung von Krankheiten ausgerichtet sein müssen. Aufgrund der Verbindung zu den Leistungen der §§ 20 ff. SGB V ist aber zu fordern, dass die dortigen Voraussetzungen und damit insbesondere die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit (§ 12 SGB V) der jeweils begehrten Maßnahme gegeben sind. Dementsprechend sind beispielsweise auch die Fristenregelungen in § 23 Abs. 5 SGB V zu berücksichtigen, die letztlich das Wirtschaftlichkeitsgebot konkretisieren.
Rz. 8
Nach Satz 2 können andere als die unter Satz 1 in Bezug genommenen Leistungen nur in Anspruch genommen werden, wenn ohne diese nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein Gesundheitsschaden einzutreten droht. Grundlage für die Inanspruchnahme solcher Leistungen ist also zunächst ein ärztliches Urteil, welches die Zweckhaftigkeit der Maßnahme bescheinigt. Dieses Urteil kann in Form einer entsprechenden Bescheinigung eines beliebigen Arztes vorgelegt werden. Der Leistungsträger kann dieses Urteil aber im Rahmen der Amtsermittlung beispielsweise durch einen Amtsarzt überprüfen lassen.
Die Bescheinigung über das ärztliche Urteil muss von dem Berechtigten nicht unmittelbar mit dem Antrag vorgelegt, sondern kann auch nachgereicht werden (BVerwG, Urteil v. 19.5.1994, 5 C 20/91 und 5 C 21/91). Anders verhält es sich im Rahmen der ärztlichen Beratung zur Familienplanung (vgl. § 49 und die dortige Komm.). Der zuständige Träger hat auf die Notwendigkeit der Vorlage des ärztlichen Urteils hinzuweisen und ggf. sogar auf dessen Ausstellung von Amts wegen hinzuwirken (BVerwG, a. a. O.).
Rz. 9
Ferner muss ohne die Leistung der Eintritt einer Krankheit oder eines sonstigen Gesundheitsschadens drohen. Gesteigerte Anforderungen an die Gefahr des Eintritts der genannten Folge sind nicht zu stellen. Es reicht aus, wenn der Eintritt nach ärztlichem Urteil in absehbarer Zeit überwiegend wahrscheinlich ist.
2.2 Leistungsinhalt
2.2.1 Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten (Satz 1)
Rz. 10
Wie oben (Rz. 3) bereits erwähnt, nimmt Satz 1 die §§ 20 ff. SGB V in Bezug. Nicht erfasst werden die §§ 20, 20 a-c, 21 und 24a, 24b SGB V. Zu § 20 SGB V vgl. Rz. 12. Die Leistungen nach §§ 20a und b SGB V betreffen nicht den Personenkreis, der Krankenhilfe nach dem SGB XII beziehen kann. Außerdem handelt es sich nicht um Individualleistungen. Letzteres gilt auch für § 20c SGB V und die Maßnahme gemäß § 21 SGB V (Gruppenprophylaxe). Die Leistungen nach § 24a SGB V zur Empfängnisverhütung sind in § 49 gesondert geregelt. Eine weitere Sonderregelung findet sich für die Leistungen zur Durchführung einer Sterilisation (§ 24b Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB V) in § 51. Für die Leistungen bei nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsab...