2.1 Rechtsnatur und Verhältnis zu anderen Leistungen
Rz. 3
Zweck der Norm ist grundsätzlich keine auf Dauer angelegte hauswirtschaftliche Versorgung, sondern – in Abgrenzung zur Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel – die persönliche Betreuung der Haushaltsangehörigen für den Fall des vorübergehenden Ausfalls des Haushaltsführers sowie die zur Aufrechterhaltung eines Haushalts erforderlichen Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil v. 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R). Erforderlich für eine Hilfegewährung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Hilfeleistung für einen begrenzten Zeitraum notwendig ist. Das Ende der Notlage muss daher grundsätzlich absehbar sein (das OVG Niedersachsen, Urteil v. 28.12.1993, 4 M 2984/93, nimmt einen Zeitraum von 6 Monaten an). Allerdings ist nach dem Wortlaut der Regelung ("sollen") in atypischen Ausnahmefällen eine zeitlich zunächst unbegrenzte Hilfegewährung möglich. Nicht lediglich vorübergehend wird die Hilfe in den Fällen erbracht, in denen damit die Unterbringung in einer stationären Einrichtung vermieden oder aufgeschoben werden kann (Abs. 1 Satz 3).
Rz. 4
Aus der Regelung ergibt sich ein eigenständiger Anspruch im Rahmen der Hilfen in besonderen Lebenslagen, der jedoch zu anderen Leistungen, die ebenfalls hauswirtschaftliche Hilfen mit umfassen, wie z. B. nach den §§ 61 ff. oder den §§ 36 ff. SGB XI, nachrangig ist. Der Leistungsberechtigte kann daher daneben wegen behaupteter nicht ausreichender Wohnungsreinigung durch einen nach dem SGB XI finanzierten Pflegedienst keine zusätzlichen Leistungen für die Entlohnung einer selbst beschafften Wohnungsreinigungskraft vom Träger der Sozialhilfe als Hilfe zur Fortführung des Haushalts beanspruchen (OVG Hamburg, NordÖR 2004 S. 316). Auch ein Anspruch auf Haushaltshilfe gegenüber der Krankenkasse nach § 38 SGB V oder gegenüber Rehabilitationsträgern nach § 29 SGB VI, § 42 SGB VII, § 54 SGB IX schließt wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes Leistungen nach § 70 aus. Mit Blick auf § 10 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII i. V. m. § 20 Abs. 2 SGB VIII sind auch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vorrangig.
Rz. 5
Auf die Hilfe zur Weiterführung des Haushalts besteht kein Rechtsanspruch; allerdings ist das dem Träger der Sozialhilfe eingeräumte Ermessen durch die Sollvorschrift zugunsten einer Hilfegewährung vorgeprägt (BVerwG, Urteil v. 2.9.1993, 5 C 18/90, FEVS 44 S. 241). Berechtigter des Anspruchs ist der Haushaltsführer. Das gilt auch bei Mehrpersonenhaushalten.
2.2 Voraussetzungen
Rz. 6
Die Hilfe ist von 3 Voraussetzungen abhängig:
- Es muss ein eigener privater Haushalt bestehen,
- keiner der Haushaltsangehörigen darf den Haushalt weiterführen können und
- die Weiterführung muss geboten sein.
2.2.1 Eigener Haushalt
Rz. 7
Ein eigener privat (d. h. nicht von Angestellten oder gewerblich) geführter Haushalt liegt vor, wenn er dem Haushaltführenden und ggf. weiteren Haushaltsangehörigen eine eigenständige Lebens- und Wirtschaftsführung ermöglicht (so BSG, Urteil v. 10.07.1969, 7 RKg 17/66). Für die Abgrenzung ist die Verkehrsanschauung maßgebend. Entscheidend kommt es dazu auf die Funktionen Kochen und Wohnen an (vgl. Komm. zu § 37 SGB V). Kein eigener Haushalt i. S. der Vorschrift liegt vor bei Aufnahme in einen fremden Haushalt bzw. in Wohnformen, die den Bewohnern kein eigenes Kochen mehr ermöglichen. Der Haushalt muss bei der Antragstellung bereits bestehen. Eine Leistungsgewährung bei einem Ein-Personen-Haushalt scheidet aus (BSG, Urteil v. 11.12.2007, B 8/9b SO 13/06; a. A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 16.09.2005, L 20 B 9/05 SO ER). Dies ergibt sich zwar nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut der Vorschrift, weil diese allein auf den Ausfall des Haushaltsführers und die fehlende Hilfe durch Haushaltsangehörige abstellt. Allerdings ist bei Personen, die alleine leben, die hauswirtschaftliche Versorgung bereits durch die Hilfe zur Pflege umfasst (§ 61 Abs. 5 Nr. 4), so dass für die Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes insoweit keine Raum ist (ebenso: Schaefer, in: Fichtel/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, § 70 Rz. 9).
2.2.2 Keine Weiterführung des Haushalts
2.2.2.1 durch Haushaltsangehörige
Rz. 8
Der Begriff des Haushaltsangehörigen ist nicht im Sinne des Zivil-, Straf- oder allgemeinen Sozialrechts (vgl. § 383 ZPO, § 52 Abs. 2 StGB, § 16 Abs. 1 SGB X) auszulegen. Es kommen vielmehr alle Personen in Betracht, die sich mit dem Hilfesuchenden in einer Haushaltsgemeinschaft befinden (VGH Baden-Württemberg, FEVS 18 S. 470; HessVGH, NDV 1971 S. 251; Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Aufl. 2012, § 70 Rz. 8). Eine Haushaltsgemeinschaft liegt dann vor, wenn die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft zusammen leben und wirtschaften (vgl. § 36 Abs. 1), denn nur dann ist eine Weiterführung des Haushaltes überhaupt geboten. Eine familiäre bzw. verwandtschaftliche Beziehung ist nicht erforderlich. Vielmehr stehen Leistungen neben Eheleuten oder Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft auch Mitgliedern einer Wohngemeinschaft zu, soweit sie eine Haushaltsgemeinschaft bilden (Grube, a. a. O.). Unerheblich ist auch, ob der ausfallende Haushaltsführende im Haushalt verbleibt oder abwesend ist.
Rz. 9
Ob...