2.2.2.1 durch Haushaltsangehörige
Rz. 8
Der Begriff des Haushaltsangehörigen ist nicht im Sinne des Zivil-, Straf- oder allgemeinen Sozialrechts (vgl. § 383 ZPO, § 52 Abs. 2 StGB, § 16 Abs. 1 SGB X) auszulegen. Es kommen vielmehr alle Personen in Betracht, die sich mit dem Hilfesuchenden in einer Haushaltsgemeinschaft befinden (VGH Baden-Württemberg, FEVS 18 S. 470; HessVGH, NDV 1971 S. 251; Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Aufl. 2012, § 70 Rz. 8). Eine Haushaltsgemeinschaft liegt dann vor, wenn die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft zusammen leben und wirtschaften (vgl. § 36 Abs. 1), denn nur dann ist eine Weiterführung des Haushaltes überhaupt geboten. Eine familiäre bzw. verwandtschaftliche Beziehung ist nicht erforderlich. Vielmehr stehen Leistungen neben Eheleuten oder Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft auch Mitgliedern einer Wohngemeinschaft zu, soweit sie eine Haushaltsgemeinschaft bilden (Grube, a. a. O.). Unerheblich ist auch, ob der ausfallende Haushaltsführende im Haushalt verbleibt oder abwesend ist.
Rz. 9
Ob andere Haushaltsangehörige den Haushalt weiterführen können, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen (BVerwG, Urteil v. 5.6.1968, V C 116.67, FEVS 16 S. 92). Das BVerwG nimmt an (Urteil v. 5.6.1968, V C 116.67, FEVS 16 S. 92), die Hilfe nach § 70 entfalle, sofern sich ein Haushaltsangehöriger ohne ausreichenden Grund weigere, den Haushalt weiterzuführen. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, weil sie den Nachranggrundsatz überdehnt und die Wertungsgrundsätze des § 94 unterläuft (wie hier ebenso: Grube, a. a. O., Rz. 11, sowie Bieritz-Harder, in: LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 70 Rz. 5). Vielmehr ist zu prüfen, inwieweit es dem Haushaltsangehörigen an der objektiven Fähigkeit zur Weiterführung des Haushaltes mangelt sowie inwieweit diese subjektiv zumutbar ist. Ansprüche bestehen daher mangels objektiver Fähigkeit, wenn es dem Haushaltsangehörigen wegen hohem Alter oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, den Haushalt zu führen (Grube, a. a. O., Rz. 13). Unzumutbar ist die Weiterführung durch den Haushaltsangehörigen auch bei vorrangigen Ausbildungsverpflichtungen (BSG, Urteil v. 30.3.1977, 5 RKn 20/76, NJW 1978 S. 288, zur Parallelwertung bei Prüfung der Haushaltshilfe der gesetzlichen Krankenversicherung). Männern und Frauen ist die Haushaltsführung in gleicher Weise zumutbar.
2.2.2.2 durch den alleinstehenden Antragsteller
Rz. 9a
Durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) ist Abs. 1 der Vorschrift geändert worden. Nunmehr wird ausdrücklich klargestellt (so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/9518), dass Leistungen nach § 70 auch in den Fällen in Betracht kommen, in denen die Person mit eigenem Haushalt alleinstehend ist. In der Vergangenheit wurde die Vorschrift von Teilen der Praxis dahingehend einschränkend ausgelegt, dass die Person mit eigenem Haushalt i. S. d. § 70 Abs. 1 mit anderen Personen in dem Haushalt zusammenleben muss, um einen Anspruch auf Hilfe zur Weiterführung des Haushalts zu begründen.