0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift tritt als Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 (Art. 70 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft.
Sie wurde durch Art. 13 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 1.1.2020 neu gefasst und enthält nunmehr Regelungen über die Schiedsstelle.
1 Allgemeines
Rz. 2
In § 81 wird nach der zum 7.12.2006 in Kraft getretenen Änderung im Wesentlichen wortgleich die Regelung des bisherigen § 94 BSHG übernommen. Es handelt sich um die grundlegende Regelung zum Schiedsverfahren im Leistungserbringerrecht. Sie ist der Vorschrift über die Landesschiedsstelle im Krankenhausbereich (§ 114 SGB V) nachgebildet. Grundlage des Schiedsverfahrensrechts ist dabei die Verpflichtung der Vertragspartner zur Einigung (vgl. BT-Drs. 12/5510 S. 11). Damit ist § 81 gleichzeitig ein deutlicher Eingriff in die Vertragsfreiheit, zumal mit dem Abschluss einer Leistungsvereinbarung bereits feststeht, dass eine Vergütungsvereinbarung zustande kommt.
Durch das BTHG werden zum 1.1.2020 die bisher in § 80 enthaltenen Regelungen über die Schiedsstelle im wesentlichen unverändert in § 81 übernommen.
2 Rechtspraxis
2.1 Bildung, Organisation und Zusammensetzung der Schiedsstelle
Rz. 3
Schiedsstellen sind nach Abs. 1 für jedes Land oder Teile eines Landes zu bilden. Von der zweiten Möglichkeit ist in Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht worden, wo 2 Schiedsstellen (eine für die Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf bei der Bezirksregierung Köln und eine für die Regierungsbezirke Münster, Detmold und Aachen bei der Bezirksregierung Münster) existieren (§ 1 Abs. 1 SchVO NW).
Rz. 4
In der ursprünglichen Fassung des damaligen § 80 Abs. 1 war die Schiedsstelle bei der zugehörigen Landesbehörde zu errichten. Damit war lediglich eine organisatorische Zuordnung gemeint. An der rechtlichen Selbständigkeit und der Unabhängigkeit der Entscheidung änderte die Regelung nichts. Mit Wirkung zum 7.12.2006 hat der Gesetzgeber die Worte "bei der zugehörigen Landesbehörde" gestrichen. Die Schiedsstellen sollen nunmehr in den Ländern dort gebildet werden, wo auch die jeweilige Durchführungsverantwortung der Hilfe liegt. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Kommunalisierung der Hilfen wollte der Gesetzgeber es den Ländern überlassen, wo die Schiedsstellen gebildet werden können (vgl. BT-Drs. 16/2711 S. 11 zu Nr. 12).
Rz. 5
Die Schiedsstelle ist Behörde im organisationsrechtlichen Sinne (vgl. Schoenfeld, in: Grube/Wahrendorf, 2. Aufl. 2008, § 80 Rz. 10 m. w. N.; Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, 7. Aufl. 2006, § 80 Rz. 7). Sie ist dementsprechend grundsätzlich beteiligungsfähig i. S. v. § 70 Nr. 2 SGG (beachte aber § 77 Abs. 1 Satz 4, wonach richtiger Klagegegner ggf. nicht die Schiedsstelle, sondern der andere Vertragspartner ist).
Rz. 6
Die Geschäftsführung obliegt der bei der Schiedsstelle einzurichtenden Geschäftsstelle. Diese ist insbesondere zuständig für die Entgegennahme von Anträgen und verfahrensvorbereitenden Schriftsätzen sowie für die rechtzeitige Ladung der Mitglieder und Beteiligten zur mündlichen Verhandlung.
Rz. 7
Die Zusammensetzung der Schiedsstelle folgt nach Abs. 2 dem Prinzip der gemeinsamen Mitverantwortung der Leistungsträger und der Einrichtungen für das Leistungsgeschehen und die Vergütungsgestaltung in der Sozialhilfe. Von einer echten Parität kann dagegen nicht die Rede sein, weil die Träger der Sozialhilfe auch als Träger von Einrichtungen in Betracht kommen. Die im Gegenzug drohende Pattsituation wird durch die Einrichtung eines unabhängigen Vorsitzenden vermieden.
Rz. 8
Die Vertreter der Einrichtungen und die Vertreter der Träger werden nach Abs. 3 Satz 1 jeweils von diesen bestellt. Das ist hinsichtlich der Träger insofern unproblematisch, als die örtlichen Träger mit den kommunalen Spitzenverbänden über Strukturen verfügen, die eine entsprechende Bestellung gewährleisten. Nicht geregelt ist allerdings, in welchem Verhältnis örtliche und überörtliche Träger vertreten sein sollen. Dementsprechend bestehen in den Ländern insoweit durchaus unterschiedliche Regelungen. Gleiches gilt für das Verhältnis der Vertreter der Einrichtungen. Bei diesen besteht zudem die Schwierigkeit, dass Strukturen, die die Beteiligung aller Einrichtungen bzw. Träger gewährleisten, zwar bei den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, nicht aber durchgängig bestehen. Das ist unter Legitimationsgesichtspunkten insofern fragwürdig, als der Schiedsspruch ggf. auch Außenseitererstreckung hat. Entsprechenden Bedenken kann nicht ohne weiteres mit dem Argument begegnet werden, dass die Interessen aufseiten der Einrichtungen regelmäßig gleichläufig seien. Vielmehr ist die Gefahr, dass Schiedssprüche Regelungen zur Abwehr von Konkurrenten enthalten, nicht von der Hand zu weisen. Der Gesetzgeber nimmt sie indessen in erster Linie aus Praktikabilitätserwägungen hin und trägt ihr jedenfalls insofern Rechnung, als bei der Bestellung der Vertreter de...