Rz. 38
Wem Einkünfte zuzurechnen sind, ergibt sich aus den einschlägigen Regelungen des bürgerlichen und öffentlichen Rechts. Das gilt auch für Treuhandvereinbarungen. Beim Treuhandvertrag überträgt der Treugeber dem Treuhänder Wertgegenstände (in Geld oder Geldeswert), beschränkt aber die sich daraus im Außenverhältnis ergebende Rechtsmacht im Innenverhältnis (BSG, Urteile v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, und v. 24.5.2006, B 11a AL 49/05 R). Folglich erwirbt der Treuhänder im Rahmen der Treuhandabrede ein ggf. verwertbares Recht hinzu, das aber mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-)Pflicht belastet ist. Wegen der Manipulationsmöglichkeiten und Missbrauchsgefahren, die mit verdeckten Treuhandverhältnissen typischerweise verbunden sind, ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein. (Depot-)Guthaben ist somit als Treugut anzusehen, das nicht zum Vermögen des Kontoinhabers gehört, wenn
- Treugeber und Treuhänder – bezogen auf das jeweilige Treugut – nachweislich einen Treuhandvertrag geschlossen haben,
- die Beweggründe für die Treuhandkonstruktion nachvollziehbar sind,
- das Treugut nachweislich vom Treugeber stammt und
- etwaige Transaktionen, Zahlungsströme, Kontobewegungen u.Ä. lückenlos belegbar sind.
- Treuhandverhältnisse unter nahen Angehörigen sind nur anzuerkennen, wenn der Treuhandvertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist (vgl. BSG, Urteile v. 24.5.2006, B 11a AL 7/05 R, und v. 13.9.2006, B 11a AL 13/06 R, jeweils zum Arbeitslosenhilferecht).
Rz. 39
Kindergeld, das zu den Einkünften gehört (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 11.3.2010, 1 BvR 3163/09; BSG, Urteil v. 8.2.2007, B 9b SO 5/06 R; zum SGB II: BSG, Urteile v. 7.11.2006, B 7b AS 18/06 R, und v. 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R; zum BSHG: BVerwG, Urteile v. 21.6.2001, 5 C 7/00, und v. 17.12.2003, 5 C 25/02), ist grundsätzlich demjenigen zuzuordnen, an den es (als Leistungs- oder Abzweigungsberechtigten) ausgezahlt wird (BSG, Urteile v. v. 8.2.2007, B 9b SO 5/06 R, B 9b SO 6/06 R, B 9b SO 6/05 R sowie B 9b SO 5/05 R, Urteil v. 27.2.2019, B 8 SO 13/17; zum BSHG: BVerwG, Urteile v. 21.10.2004, 5 C 30/03, und v. 28.4.2005, 5 C 28/04). Das ist in der Regel ein kindergeldberechtigter Elternteil. Hiervon abweichend ist nach Abs. 1 Satz 6 das Kindergeld bei Minderjährigen dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach § 34, benötigt wird. Die Zurechnung des Kindergeldes beim minderjährigen Kind, das typischerweise in einem gemeinsam wirtschaftenden Familienhaushalt lebt, hat zum Ziel, die Sozialhilfebedürftigkeit möglichst vieler Kinder zu beseitigen (BT-Drs. 15/1514 S. 65 zu § 77). Auf volljährige Kinder ist die Zurechnungsregel nicht entsprechend anwendbar (BSG, Urteil v. 8.2.2007, B 9B SO 5/06 R); bei ihnen verbleibt es bei dem Grundsatz, dass das Kindergeld dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen ist. Hieran kann auch eine anderweitige familieninterne Zuordnung nichts ändern (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.11.2006, L 7 SO 2073/06; LSG Niedersachsen-Bremen, a. A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 27.4.2009, L 20 SO 99/07; offen gelassen von BSG, Urteil v. 11.12.2007, B 8/9b SO 23/06 R). Dass das volljährige Kind einen Antrag nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG auf Abzweigung des Kindergeldes stellen könnte, ändert daran nichts (BSG, Urteil v. 26.8.2008, B 8/9b SO 16/07 R). Allerdings ist das Kindergeld, das für ein volljähriges außerhalb des Haushalts lebendes Kind an den Kindergeldberechtigten gezahlt wird, im Rahmen der Sozialhilfe nicht leistungsmindernd zu berücksichtigen, wenn es zeitnah an das Kind weitergeleitet wird und ohne die Weiterleitung die Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergeldes durch Verwaltungsakt zugunsten des Kindes vorliegen würden (BSG, Urteile v. 8.2.2007, B 9b SO 5/06 R, und v. 11.12.2007, B 8/9b SO 23/06 R). Eine vergleichbare Zurechnungsregelung enthält § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II.