Rz. 10

Die Zumutbarkeitsgrenze setzt sich aus dem Grundbetrag, den Kosten der Unterkunft und dem Familienzuschlag zusammen.

2.2.1 Grundbetrag (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rz. 11

Der Grundbetrag beträgt das Zweifache der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Da nach § 29 Abs. 2 bis 4 länderspezifische Regelbedarfsstufen möglich sind, bestimmt sich die maßgebende Regelbedarfsstufe 1 nach dem Ort, an dem der Leistungsberechtigte die Leistung erhält (Abs. 3 Satz 1). Bei der Leistung in einer Einrichtung sowie bei Unterbringung in einer anderen Familie oder bei den in § 107 genannten anderen Personen richtet sich die Höhe der Regelbedarfsstufe 1 nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten bzw. seiner Eltern (Abs. 3 Satz 2). Nach § 86 können die Länder und, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften entgegenstehen, auch die Träger der Sozialhilfe für bestimmte Arten der Hilfe in besonderen Lebenslagen einen höheren Grundbetrag zugrunde legen.

2.2.2 Kosten der Unterkunft (Abs. 1 Nr. 2)

 

Rz. 12

Zu den Kosten der Unterkunft gehören alle Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen sind. Der diese angemessenen Kosten übersteigende Betrag kann als besondere Belastung nach § 87 berücksichtigt werden (vgl. Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 11). Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. § 35 Abs. 2 bietet zumindest in einer Hinsicht eine Orientierung: Ist eine Wohnung angemessen i. S. d. § 35 Abs. 2, gilt dies erst recht für § 85 (vgl. Kirchhoff, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 85 Rz. 36; vgl. zu den angemessenen Kosten der Unterkunft daher ausführlich die Kommentierung zu § 35). Unterkunft sind alle Räume, die vor der Witterung schützen und Privatheit gewährleisten (zum SGB II: BSG, Urteil v. 17.6.2010, B 14 AS 79/09 R). Hierzu gehören beispielsweise Miet- und Eigentumswohnungen, Eigenheime, Hotel- und Pensionszimmer, Not- oder Obdachlosenunterkünfte, Wohnwagen und -mobile, Schiffe, Schrebergartenlauben usw. Die Unterkunft muss tatsächlich privat (nicht gewerblich) genutzt werden.

 

Rz. 13

Bewohnt der Leistungsberechtigte eine Mietwohnung, so zählen zu den Aufwendungen für die Unterkunft der vereinbarte Mietzins und die Nebenkosten nach § 2 Betriebskostenverordnung, die vom Vermieter auf die Mieter umgelegt werden können. Nicht zu den Nebenkosten gehören die Aufwendungen für die Haushaltsenergie, weil dieser Bedarf bereits in der Regelleistung enthalten ist. Ob als angemessene Aufwendungen für die Unterkunft i. S. d. § 85 auch Heizkosten enthalten sind, hatte das BSG in dem Verfahren B 8 SO 1/19 R aufgrund der für den 30.4.2020 angesetzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Über das Ergebnis des Revisionsverfahrens berichtet das BSG (erst) nach Zustellung des Urteils an die Beteiligten. Das BSG hatte in seinem Urteil v. 25.4.2013 (B 8 SO 8/12 R) hervorgehoben, dass kein Grund ersichtlich sei, warum Gelder für angemessene Heizkosten, die normativ und auch tatsächlich notwendigerweise für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen müssen, von § 85 Abs. 1 Nr. 2 nicht erfasst sein sollten. Daraufhin passte der Gesetzgeber § 85 Abs. 1 Nr. 2 zum 1.1.2016 durch das Gesetz zur Änderung des SGB XII und weiterer Vorschriften v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2557) an die im Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII übliche Begrifflichkeit an und bezweckte, dass "künftige Aufwendungen für Heizung nicht mehr bei der Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII zu berücksichtigen" sind (vgl. BR-Drs. 344/15 S. 30; BT-Drs. 18/6284 S. 31). Zweifelhaft ist jedoch, ob der gesetzgeberische Wille in der Änderung des Wortlauts hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (Kirchhoff, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 85 Rz. 37; offen gelassen: BSG, Urteil v. 4.4.2019, B 8 SO 10/18 R).

Wohngeld ist Einkommen und nicht abzusetzen (Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 20). Der Mietzins für eine Garage gehört nicht zu den Kosten der Unterkunft .

 

Rz. 14

Welche Aufwendungen im Einzelfall angemessen sind, ist unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Dabei darf nicht schematisch vorgegangen werden (konkret-individueller Maßstab, zum SGB II: BSG, Urteil v. 27.2.2008, B 14/7b AS 70/06 R). Vielmehr sind die besonderen persönlichen, familiären, wirtschaftlichen, sozialen und ggf. auch beruflichen Bedürfnisse des Berechtigten und seiner Angehörigen, regionale Besonderheiten sowie der in absehbarer Zeit zu erwartende zusätzliche Raumbedarf zu berücksichtigen (zum SGB II: BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R).

 

Rz. 15

Die Höhe des Mietzinses ist angemessen, wenn er sich im unteren Drittel des örtlichen Mietniveaus bewegt (zum SGB II: BSG, Urteil v. 7.11.2006, 7b AS 18/06 R; zum BSHG: BVerwG, Urteil v. 17.11.1994, 5 C 11/93). Für die Verhältnisse am örtlichen Wohnungsmarkt und das Angemessenheitsniveau sind der örtliche Mietspiegel (zum SGB II: BSG, Urteile v. 15.4.2008, B 14/7b AS 34/06 R, und v. 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Be...

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