Rz. 19

Der Familienzuschlag ist eine statische Größe und beträgt 70 % der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28, wobei auf volle Euro-Beträge aufzurunden ist.

2.2.3.1 Nicht getrennt lebende Ehegatten oder Lebenspartner

 

Rz. 20

Für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner ist der Familienzuschlag stets zu berücksichtigen, ohne dass eine tatsächliche Unterhaltszahlung erforderlich ist (Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 28; Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 85 Rz. 40; Kiss, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 85 Rz. 32). Lebenspartner sind Personen gleichen Geschlechts, die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in der bis zum 21.12.2018 geltenden Fassung eine Lebenspartnerschaft begründet haben (§ 33b SGB I). Sie sind einander gemäß § 5 Satz 1 LPartG zum angemessenen Unterhalt verpflichtet, wobei die §§ 1360a und 1360b BGB entsprechend gelten (§ 5 Satz 2 LPartG).

 

Rz. 21

Ehegatten sind Personen, die eine Ehe wirksam geschlossen haben. Ob sie getrennt leben, richtet sich danach, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist (vgl. Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 12; Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 85 Rz. 29; Kiss, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 85 Rz. 33). Neben der (vollständigen) Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (objektiver Tatbestand) muss folglich der Entschluss eines Ehegatten/Lebenspartners hinzutreten, nicht in häuslicher Gemeinschaft mit dem anderen leben zu wollen. Die Trennung muss Ausdruck eines gestörten Ehegatten- bzw. Lebenspartnerschaftsverhältnisses sein, d. h. die Zerrüttung muss nach außen hin (objektiv) erkennbar sein. Freiwillige Trennungen führen nur dann zu einem Getrenntleben, wenn sie darauf beruhen, dass ein Ehegatte/Lebenspartner die Lebensgemeinschaft mit dem anderen ablehnt. Lebt der eine Ehegatte/Lebenspartner dauerhaft in einer stationären Einrichtung und der andere außerhalb, so hängt es vom Willen der Eheleute/Lebenspartner ab, ob ihre Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft beendet ist (BSG, Urteil v. 16.4.2013, B 14 AS 71/12; zum BSHG: BVerwG, Urteil v. 26.1.1995, 5 C 8/93; Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 12). Beruflich bedingte Trennungen (z. B. längerfristige Auslandsaufenthalte) reichen allein nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.1.1995, 5 C 8/93; Hess. LSG, Urteil v. 25.11.2011, L 7 SO 194/09).

 

Rz. 22

Das Getrenntleben kann auch innerhalb der ehelichen Wohnung verwirklicht werden. Der Nachweis des Getrenntlebens lässt sich in diesen Fällen allerdings schwierig führen, weil gemeinsame Berührungspunkte (die beiderseitige Benutzung von Küche, Bad, Flur usw.) meist unvermeidbar sind. Ein Getrenntleben liegt deshalb nur vor, wenn die Eheleute/Lebenspartner keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen und sich ein gelegentliches Zusammentreffen der Ehegatten/Lebenspartner als ein bloß räumliches Nebeneinander ohne persönliche Beziehung darstellt (BGH, Urteil v. 11.4.1979, IV ZR 77/78).

2.2.3.2 Andere Unterhaltsgläubiger

 

Rz. 23

Für alle anderen Personen kommt es darauf an, ob sie von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner bisher überwiegend unterhalten worden sind (1. Alt.) oder eine Unterhaltspflicht nach der Entscheidung über die Sozialhilfe entsteht (2. Alt).

 

Rz. 24

Eine Person wird überwiegend unterhalten (1. Alt.), wenn für sie mehr als die Hälfte des Lebensbedarfs aufgebracht wird (Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 21; Giere, in: Grube/Warendorf, SGB XII, § 85 Rz. 33; Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 85 Rz. 18; zum BSHG: BVerwG, Urteil v. 13.6.1958, IV C 117.57). Dabei ist unerheblich, ob die Unterhaltszahlungen auf einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht beruhen oder freiwillig geleistet werden (Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 18). Der überwiegende Unterhalt musste vor und muss nach dem Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit in gewisser Regelmäßigkeit tatsächlich geleistet werden (vgl. eingehend: Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 18 ff.). Sach- und Betreuungsleistungen sind entsprechend § 287 ZPO in einem Geldwert auszudrücken (ebenso Giere, in: Grube/Warendorf, SGB XII, § 85 Rz. 34; Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, § 85 Rz. 41; a. A. Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 21). Wird einer Person das Kindergeld als Einkommen zugerechnet, muss es bei der Prüfung des Überwiegens beachtet werden (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2013, B 8 SO 8/12 R).

 

Rz. 25

Außerdem ist der Familienzuschlag zu gewähren (2. Alt.), wenn der Leistungsberechtigte nach der Entscheidung über die Sozialhilfe unterhaltspflichtig wird (z. B. durch Geburt eines Kindes, Heirat). Dabei sind sowohl gesetzliche, als auch vertragliche (Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 23; Giere, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 37) nicht aber sittliche Unterhaltspflichten zu berücksichtigen. Ob der Unterhalt in diesen Fällen "überwiegend" geleistet wird, ist unerheblich, wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt (Conradis, in: LPK-SGB XII, § 85 Rz. 24; Giere, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 85 Rz. 37; ).

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