Rz. 64
Die Vorschrift konkretisiert beispielhaft ("insbesondere") 2 Härtefalle bei den Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52), der Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66), der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69) und der Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74). Nach der Neuregelung der Eingliederungshilfe im SGB IX zum 1.1.2020 findet § 90 in diesem Bereich keine Anwendung mehr. Da die Regelungen zum Vermögen inhaltlich unverändert durch das BTHG in § 139 SGB IX übernommen werden sollten (BT-Drs. 18/9522 S. 304), dürfte § 139 Satz 3 SGB IX jedoch unter Berücksichtigung der Wertungen des § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII auszulegen sein.
Rz. 65
Die angemessene Lebensführung wird wesentlich erschwert, wenn der Vermögenseinsatz die bisherigen Lebensverhältnisse des Leistungsberechtigten, anderer Personen der Einsatzgemeinschaft oder der unterhaltsberechtigten Angehörigen ungerechtfertigt verschlechtern würde. Dabei sind die besonderen Umstände des Einzelfalles ebenso zu berücksichtigen wie das Lebensschicksal und die (krankheits- bzw. behinderungsbedingten) Bedürfnisse des Betroffenen (vgl. BayVGH, Urteil v. 2.12.1983, 12 B 83 A.618).
Rz. 66
Die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wird wesentlich erschwert, wenn aus dem Vermögen die spätere Altersversorgung des Leistungsberechtigten oder anderer Personen der Einsatzgemeinschaft oder unterhaltsberechtigter Angehöriger sichergestellt werden soll. Die Vorschrift trägt dem Bedürfnis nach ergänzender, privater Altersvorsorge Rechnung und beugt damit gleichzeitig Altersarmut vor. Vermögen dient der Alterssicherung, wenn daraus der laufende Lebensunterhalt im Alter bestritten werden soll. Diese subjektive Zweckbestimmung muss mit den objektiv erkennbaren Begleitumständen in Einklang stehen (z. B. lückenhafte Versicherungsbiographie, Anlageform, Bindung der Kapitalanlage bis zum Rentenalter, Auszahlung in Form einer Rente). Unter "Alter" ist der Zeitraum zu verstehen, ab dem eine Rente wegen Alters (vgl. § 33 Abs. 2, §§ 35 ff. SGB VI) in Anspruch genommen werden kann (BSG, Urteil v. 17.10.1996, 7 RAr 2/96). Die Angemessenheit hängt von der Lebensstellung des Vermögensinhabers, dem Umfang der sonstigen Alterssicherung und der Zahl der Personen ab, die durch das Vermögen gesichert werden sollen. Dabei wird der Wunsch des Hilfebedürftigen, die Alterssicherung über den Betrag der sog. Bruttostandardrente aufzustocken, i. d. R. nicht mehr angemessen sein.