Rz. 11
Abs. 2 sieht Beschränkungen für Unterhaltspflichtige von volljährigen Behinderten und Pflegebedürftigen vor, um diese nicht zusätzlich unzumutbar zu belasten. Deren Unterhaltspflicht kann vom Sozialhilfeträger (die Beschränkung gilt also nicht im Verhältnis Unterhaltsberechtigter zum Unterhaltspflichtigen, FG Baden-Württemberg, Urteil v. 29.4.2009, 4 K 2995/07, EFG 2009 S. 1306) nur in begrenztem Umfang eingefordert werden. Durch die 3. Stufe des BTHG erfolgt mit Wirkung zum 1.1.2020 eine redaktionelle Änderung des Abs. 2 Satz 1 dahingehend, dass die Wörter "behindert im Sinne von § 53" durch die Wörter "in erheblichem Maße zur Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt (§ 99 des Neunten Buches)" ersetzt und die Wörter "Sechsten und" gestrichen werden (BGBl. I S. 3326). Nach Satz 1 geht der Unterhaltsanspruch von volljährigen Behinderten und Pflegebedürftigen gegenüber Eltern wegen Leistungen in Form der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und Hilfe zur Pflege nur i. H. v. maximal 26,00 EUR monatlich über. Für die Hilfe zum Lebensunterhalt geht zusätzlich der Unterhaltsanspruch i. H. v. 20,00 EUR über, so dass bei Zusammentreffen beider Pauschalen mit insgesamt 46,00 EUR monatlich ein Unterhalt von den Pflichtigen verlangt wird, der weniger als ein Drittel des Kindergeldes ausmacht (BT-Drs. 15/1514 S. 66); der Gesetzgeber sieht also hier eine zumutbare Belastung gerade mit Blick auf die Höhe des Kindergeldes. Deswegen ist Letzteres auch Maßstab für die Höhe der Pauschalen: Diese ändern sich nach Abs. 2 Satz 3 in dem Umfang, in dem sich das Kindergeld verändert. Diese Pauschalen gelten ferner unabhängig davon, ob der behinderte oder pflegebedürftige Mensch ambulante oder stationäre Pflege erhält; die – verfassungsrechtlich bedenkliche – Schlechterstellung der ambulanten Pflege durch die Vorgängervorschrift in § 91 BSHG ist vom Gesetzgeber aufgegeben worden (BT-Drs. 15/1514 S. 66).
Liegen die genannten Voraussetzungen nicht vor, kann im Einzelfall auch die allgemeine Härtefallklausel nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 den Übergang des Unterhaltsanspruchs ausschließen (BVerwG, Beschluss v. 19.11.1998, 5 B 36/98, FEVS 49 S. 529). Dies gilt aber nicht für Minderjährige, da diese i. S. v. § 19 Abs. 1 mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft mit wechselseitiger Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen leben.
Verfahrenstechnisch vermutet Abs. 2 Satz 2, dass der Unterhaltsanspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften. Diese Vermutung nimmt den Unterhaltspflichtigen in die Darlegungs- und Beweislast: Er muss sie im Verfahren widerlegen, beispielsweise durch Darlegung fehlender Leistungsfähigkeit. Dies stellt für den Sozialhilfeträger eine Arbeitserleichterung dar.