2.1 Grundsätze

 

Rz. 4

Die in Abs. 1 aufgeführten Leistungen erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie unterscheiden auch nicht danach, ob es sich im Einzelnen um Regelleistungen oder um Mehrleistungen handelt, die durch Satzungsbestimmung eingeführt werden können. Auch wird nicht unterschieden zwischen Rechtsanspruchsleistung (Pflichtleistung) und Ermessensleistung (Kannleistung). Insoweit stellt § 21 keine Anspruchsgrundlage für den Versicherten dar, sondern hat lediglich deklaratorischen Charakter. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Versicherte Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen kann, ergibt sich aus den jeweiligen Vorschriften des SGB V bzw. des KVLG und - soweit es sich um Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft handelt - aus den §§ 195 ff. RVO (siehe Kommentierung).

2.2 Leistungskatalog

 

Rz. 5

Abs. 1 Nr. 1 nennt zunächst die Leistungen zur Förderung der Gesundheit, zur Verhütung und zur Früherkennung von Krankheiten. Zu diesen Leistungen gehören die in den Abschnitten 3 und 4 des SGB V aufgeführten Maßnahmen. Diese gelten auch für die Krankenversicherung der Landwirte (§ 8 KVLG 1989). Im Einzelnen rechnen dazu

  • Prävention und Selbsthilfe (bisher Gesundheitsförderung) (§ 20 SGB V),
  • Verhütung von Zahnerkrankungen - Gruppen- und Individualprophylaxe - (§§ 21, 22 SGB V),
  • Medizinische Vorsorgeleistungen (§ 23 SGB V),
  • Vorsorgekuren für Mütter (§ 24 SGB V),
  • Empfängnisverhütung, Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation (§§ 24a, 24b SGB V),
  • Gesundheitsuntersuchungen - Gesundheits-Check-up - (§ 25 SGB V),
  • Kinderuntersuchungen - U 1 bis U 10 - (§ 26 SGB V).
 

Rz. 6

Die Einführung dieser Leistungen hängt mit den zu beobachtenden Veränderungen im Krankheitsspektrum zusammen. Während zu Beginn des Jahrhunderts noch 21% aller Todesursachen auf Infektionskrankheiten zurückzuführen waren, sind es jetzt weniger als 1%. Diese Abnahme ist durch verschiedene Faktoren bedingt, z.B. verbesserte hygienische Bedingungen, den medizinischen Fortschritt, die Entwicklung von Impfstoffen und die Früherkennung von Krankheiten.

 

Rz. 7

Im Gegensatz zu den Todesursachen durch Infektionskrankheiten sind diejenigen, welche auf so genannte chronisch-degenerative Krankheiten (Veränderungen im Sinne eines dauerhaften Abbauprozesses) wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen zurückzuführen sind, von ca. 15% aller Todesfälle auf mehr als 50% angestiegen. Dieser Anstieg ist durch Faktoren wie falsche Ernährung, mangelnde Bewegung, Alkohol- und Nikotinmissbrauch zu erklären. Aber auch soziale Bedingungen, z.B. Arbeits- und Umweltbedingungen, spielen dabei eine große Rolle.

Derzeit sind chronische Krankheiten das zentrale Gesundheitsproblem, und zwar sowohl unter humanitären als auch unter ökonomischen Gesichtspunkten. Sie belasten den einzelnen und die Versichertengemeinschaft.

Aus diesen Gründen kommt der Verhütung und Früherkennung von Krankheiten eine hohe Bedeutung zu. Nach dem derzeitigen Wissensstand sind viele dieser Krankheiten grundsätzlich in ihren Entstehungsbedingungen kontrollierbar, können durch Präventionsmaßnahmen ggf. verhindert, ihre Zahl reduziert oder ihr Verlauf verzögert werden.

 

Rz. 8

In Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) bis g) werden die Leistungen aufgeführt, die bei Krankheit als Krankenbehandlung zur Verfügung gestellt werden. Mit der GKV-Gesundheitsreform 2000 wurden die seit 1997 aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichene Gesundheitsförderung und Primärprävention wieder eingeführt, allerdings als Mehrleistung (§ 20 SGB V). Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben gemeinsam und einheitlich Handlungsfelder und Kriterien dieser Leistungen bestimmt. Die Primärprävention richtet sich an den gesunden Menschen mit dem Ziel, die Gesundheit zu erhalten, also die Entstehung von Krankheiten zu vermeiden und die Lebensqualität zu erhöhen. Zu den Handlungsfeldern der Primärprävention gehören

  • Bewegungsgewohnheiten
  • Ernährung
  • Stressreduktion
  • Entspannung sowie
  • Genuss- und Suchtmittelkonsum

als individueller Ansatz. Die Gesamtausgaben sind allerdings auf 5 DM pro Jahr und Versicherten begrenzt.

Alle anderen Leistungen gehören zur Sekundär- oder Tertiärprävention.

Versicherungsfall für die Leistungen der Krankenbehandlung ist die Krankheit im versicherungsrechtlichen, nicht im medizinischen Sinne. Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne ist ein regelwidriger Körper-, Geistes- oder Seelenzustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Regelwidrig ist der körperliche, geistige oder seelische Zustand, wenn er von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht.

Im Sinne des Versicherungsrechts liegt Krankheit damit nicht schon dann vor, wenn ein körperliches, geistiges, seelisches und/oder soziales Missbefinden vorliegt. Es müssen vielmehr wesentliche Funktionen nicht in befriedigendem Umfang wahrgenommen werden können, und die Regelwidrigkeit muss einer Behandlung (Behandlungsbedürftigkeit) zugänglich sein. Behandl...

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