Rz. 22

Abs. 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass trotz der Verbreitung der elektronischen Kommunikation die technischen Möglichkeiten dazu mangels eines einheitlichen technischen Standards, unterschiedlicher und verschiedener Kommunikationsmethoden, -systeme und Programme diese nicht miteinander kompatibel sind oder schlicht wegen technischer Fehler oder Defekte nicht bearbeitet, d. h. inhaltlich nicht oder nicht mit dem richtigen Inhalt zur Kenntnis genommen werden können. Daher werden wechselseitige Informationspflichten zwischen Absender und Empfänger elektronisch übermittelter Dokumente geregelt, wenn diese nicht bearbeitet werden können. Bearbeiten meint damit erkennbar nicht die Veränderung des Dokuments, sondern deren Nutzung zu dem verfolgten Zweck, i. d. R. die Kenntnisnahme vom Inhalt des Dokuments oder aber die Abgabe einer Erklärung in elektronischer Form mittels eines elektronisch vorbereiteten Formulars. Voraussetzung für derartige Informationspflichten ist jedoch, dass trotz der Ungeeignetheit des elektronischen Dokuments zur Bearbeitung jedenfalls der Absender erkennbar ist. Die wechselseitigen Informationspflichten über die fehlgeschlagene Übermittlung eines elektronischen Dokuments sind für Behörde und Empfänger in den Sätzen 1 und 2 unterschiedlich ausgestaltet.

 

Rz. 23

Nach Satz 1 muss die Behörde dem Absender unverzüglich (i. S. d. § 121 Abs. 1 BGB, d. h. ohne schuldhaftes Zögern) die fehlgeschlagene Übermittlung und die für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen mitteilen, wenn sie ein nicht bearbeitbares elektronisches Dokument erhält. Eine solche Verpflichtung der Behörde zur Mitteilung über den fehlgeschlagenen Zugang und der technischen Rahmenbedingungen kommt faktisch nur in den Fällen in Betracht, in denen die Behörde aus der elektronischen Nachricht den Absender oder zumindest dessen E-Mail-Adresse oder De-Mail-Adresse erkennen kann. Nur in diesem Fall ist es überhaupt möglich, den Absender eines elektronischen Dokumentes darüber zu informieren, dass sein abgesandtes elektronisches Dokument nicht bearbeitet werden konnte. Gerade bei Problemen in der Kompatibilität der Programme kann dabei die Gefahr bestehen, dass die auf elektronischem Weg erfolgende Mitteilung über die Unbearbeitbarkeit wiederum vom Absender nicht bearbeitet werden kann. Wenn die Behörde daher den Absender erkennen und identifizieren kann, dürfte es empfehlenswert sein, diesen (auch) auf normalem schriftlichen Weg darüber zu informieren, dass die (versuchte oder vermeintliche) elektronische Übermittlung fehlgeschlagen ist und welche technischen Rahmenbedingungen bei ihr für elektronische Dokumente gelten.

 

Rz. 24

Ob der Absender die so mitgeteilten technischen Bedingungen für elektronische Dokumente einhalten kann, liegt in diesen Fällen dann in dessen persönlichem Risikobereich, denn dieser trägt das Risiko des Übermittlungsweges (so auch Pflüger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 36a Rz. 54, Stand: 26.6.2018; Mrozynski,SGB I, 5. Aufl., § 36a Rz. 3). Kann er diese technischen Bedingungen nicht einhalten, muss er ggf. auf andere Informationswege zur Übermittlung seiner Erklärungen zurückgreifen, insbesondere auch um Fristen und Termine einzuhalten. Auch die unverzügliche Information über den fehlgeschlagenen Zugang eines elektronischen Dokumentes kann aber über notwendig einzuhaltende Fristen für bestimmte Erklärungen nicht hinweghelfen.

 

Rz. 25

Erhält der Empfänger ein nicht zu bearbeitendes elektronisches Dokument von einer Behörde, muss er nach Satz 2 (nur) geltend machen, dass er dieses nicht bearbeiten (öffnen oder lesbar machen) kann. Die Behörde hat dieses Dokument dann entweder in einem bearbeitbaren elektronischen Format oder als Schriftstück zu übermitteln. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/9000 S. 31) soll dies Ausdruck von Nebenpflichten sein, die sich aus dem Verwaltungsrechtsverhältnis ergeben, welches Bürger und Verwaltung durch ihre Kommunikation auf dem Wege der neuen elektronischen Medien schaffen. Ob eine, über die Verpflichtung der Mitteilung der Nichtbearbeitbarkeit hinausgehende Mitteilungspflicht z. B. über technische Probleme besteht, ist umstritten (dafür z. B. Körner, in: KassKomm. SGB I, § 36a Rz. 47, Stand: September 2017; Lilge, in: Lilge/Gutzler, SGB I 5. Aufl., § 36a Rz. 29; Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB I, § 36a Rz. 17, Stand: Januar 2014; dagegen z. B. Pflüger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 36a Rz. 114, Stand: 26.6.2018). Die erneute elektronische Übermittlung kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Behörde das passende elektronische Format des Empfängers kennt und selbst auch zur Einhaltung des Formats in der Lage ist. Alternativ kann die Behörde auch das Dokument als Schriftstück übersenden. Welchen Weg die Behörde dann wählt, ist ihr grundsätzlich freigestellt.

 

Rz. 26

Obwohl mit den Regelungen des Abs. 3 bekannte und erkennbare Probleme des Zugangs bei der Übermittlung elektronischer Dokumente aufgegriffen wurden, wurden keine ausdrücklichen verfahrensr...

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