Rz. 25
Nach § 10 Nr. 4 sollen die Teilhabeleistungen
- die persönliche Entwicklung des behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen ganzheitlich fördern und
- die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördern sowie eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen oder erleichtern.
Hiermit ist i. d. R. der Bereich der "sozialen" Rehabilitation/Integration (im Gesetz als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft bezeichnet) gemeint. Soweit es die Schwere der Behinderung zulässt, soll bei dem behinderten bzw. von Behinderung bedrohten Menschen in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 BRK eine weitgehende Inklusion (vgl. Rz. 2) gesichert bzw. erreicht werden.
Rz. 26
Die Vorschrift basiert auf Art. 2 Abs. 1 GG (Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit). Orientiert an den Kenntnissen und Fähigkeiten wird eine am individuellen Menschen ausgerichtete, alle Ebenen gesellschaftlicher Teilhabe umfassende Rehabilitation angestrebt, um auch bei behinderten bzw. von Behinderung bedrohten Menschen eine möglichst umfassende Einbettung in die berufliche und soziale Gemeinschaft/Gesellschaft zu erreichen und die verschiedenen Barrieren zur vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft zu überwinden.
Rz. 27
Besondere Bedeutung hat diese Vorschrift auch für behinderte bzw. von Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche. Entsprechend der Zielsetzung des § 1 SGB VIII soll dieser Personenkreis so gefördert werden, dass – ggf. später – eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung möglich bzw. erleichtert wird. Bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist (vgl. § 7 Abs. 2 BRK). Dieses Recht umfasst z. B. das Recht auf den Besuch von speziellen Schulen für behinderte Menschen, aber auch spezielle Förderung in Allgemeinschulen. Das behinderte bzw. von Behinderung bedrohte Kind bzw. dessen Eltern als gesetzlicher Vertreter haben hier ein Wahlrecht.
Rz. 28
Die zur Verfügung zu stellenden Leistungen sind sehr vielfältig und immer am Individuum ausgerichtet. Konkrete Leistungsansprüche ergeben sich aus § 26 Abs. 2 Nr. 3 sowie § 39 ff. SGB VII, aus § 30 sowie §§ 55 bis 59 SGB IX, aus §§ 53 ff. SGB XII sowie aus §§ 25b, 26d, 26e und 27c BVG.
Rz. 29
Im Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 Nr. 4 steht auch das Persönliche Budget (§ 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX). Hiernach können behinderte bzw. von Behinderung bedrohte Menschen von den Rehabilitationsträgern anstelle von Dienst- oder Sachleistungen zur Teilhabe ein Budget in Geld wählen. Hieraus bezahlen sie die Aufwendungen, die zur Deckung ihres persönlichen Hilfebedarfs erforderlich sind. Damit werden behinderte Menschen zu Budgetnehmern, die den "Einkauf" der Leistungen eigenverantwortlich, selbständig und selbstbestimmt regeln können. Als Experten in eigener Sache entscheiden sie so selbst, welche Hilfen für sie am besten sind und welcher Dienst und welche Person zu dem von ihnen gewünschten Zeitpunkt eine Leistung erbringen soll. Diese Wahlfreiheit fördert die Selbstbestimmung behinderter Menschen sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung.