Rz. 2
Das Unfallversicherungsgesetz v. 6.7.1884 bedeutete die Ablösung der zivilrechtlichen Haftungsansprüche der Arbeitgeber und der im Betrieb Beschäftigten durch einen gesetzlich abgesicherten Leistungsanspruch unabhängig vom Verschulden des Arbeitgebers. Der Unternehmer musste Beiträge zur Unfallversicherung allein zahlen; dafür wurde seine zivilrechtliche Haftung gegenüber dem Arbeitnehmer, seinen Angehörigen und Hinterbliebenen beschränkt und durch einen Leistungsanspruch gegenüber dem Unfallversicherungsträger ersetzt. Das ist auch noch heute so (§§ 104 ff., 150 ff. SGB VII).
Die Berufsgenossenschaften arbeiten kostendeckend. Ihre Beiträge sind so bemessen, dass sie die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben einschließlich der Verwaltungskosten decken. Die Ausgaben eines Jahres werden im Folgejahr auf die Mitgliedsbetriebe umgelegt.
Der Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung ist, wie bei den anderen Zweigen der Sozialversicherung, von den Löhnen und Gehältern der unfallversicherten Beschäftigten abhängig. Branchen mit höherer Unfallgefahr zahlen darüber hinaus im Verhältnis mehr als Branchen mit geringerem Risiko (Gefahrtarif).
Der Beitrag errechnet sich aus der Lohnsumme, der Gefahrklasse und einer Umlageziffer. Die Beitragsformel lautet:
Beitrag = Lohnsumme x Gefahrklasse x Umlageziffer
Die Umlageziffer, die jährlich neu durch den Vorstand der Berufsgenossenschaft beschlossen wird, gibt an, wie hoch der Beitrag je 1.000 EUR Lohnsumme in der Gefahrklasse 1 ist.
Hat der Betroffene einen Arbeitsunfall/eine Berufskrankheit erlitten, ist die Zuständigkeit der Unfallversicherung vorrangig vor allen anderen Sozialleistungsträgern gegeben.
Rz. 3
§ 22 dient als Einweisungsvorschrift und beschreibt das Aufgabenfeld der gesetzlichen Unfallversicherung. Während Abs. 1 Nr. 2 bis 7 die Leistungsansprüche des Berechtigten aufzählt, nennt Abs. 1 Nr. 1 lediglich die Präventionsaufgaben des Unfallversicherungsträgers. Nach Ansicht des Autors passt der Wortlaut "können in Anspruch genommen werden" hier nicht. Die Kosten für die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen bzw. von Berufskrankheiten werden in der Regel nicht durch den Unfallversicherungsträger, sondern durch den Unternehmer getragen; dieser ist auch für die Durchführung der Präventionsleistungen verantwortlich (vgl. § 21 SGB VII). Die Unfallversicherungsträger haben lediglich die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe in den Unternehmen zu überwachen sowie die Unternehmer und die Versicherten zu beraten (§ 17 SGB VII). Daneben übernimmt der Unfallversicherungsträger die Kosten für die Aus- und Fortbildung der Sicherheitsbeauftragten, der sonstigen mit der Unfallverhütung Beauftragten und der Ersthelfer (vgl. §§ 22, 23 SGB I).
Rz. 4
Träger der Unfallversicherung sind – abgesehen von den Eigenunfallversicherungsträgern des Bundes, der Länder, der Gemeinden usw. – bis heute im Wesentlichen die gewerblichen Berufsgenossenschaften. Das bedeutet, dass alle Beschäftigten einer Betriebsbranche (z. B. Nahrungsmittel und Gastgewerbe) unabhängig von der Art der Tätigkeit bei (lediglich) einer Berufsgenossenschaft versichert sind und von dieser nach Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit Leistungen erhalten.
Die Eigenunfallversicherungsträger haben dagegen den Versicherungsschutz für
- die eigenen Beschäftigten und
- derjenigen Menschen, die als Nichtbeschäftigte unfallversichert sind (z. B. Schüler, Studenten, Unfallhelfer)
sicherzustellen.