Rz. 2
§ 29 gibt einen Überblick, welche Leistungen das SGB IX als eigenständiges Sozialgesetzbuch für Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung vorsieht. Rechtsansprüche können aus der Vorschrift nicht abgeleitet werden; diese ergeben sich erst aus den rehabilitationsträgerspezifischen Regelungen.
Die Vorschrift des § 29 hat Einweisungscharakter und ist im Zusammenhang mit § 10 zu sehen: Während § 10 die Ziele von Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung bzw. drohender Behinderung beschreibt, zählt § 29 die jeweiligen Leistungsarten auf, die das SGB einschließlich seiner Sondergesetze (z. B. BVG) zur Erreichung der Teilhabeziele (§ 4 SGB IX) einsetzt. Dabei handelt es sich meist um Leistungsarten, die bereits Gegenstand anderer Einweisungsvorschriften (§§ 19 bis 28) sind, aber speziell für den Personenkreis der Menschen mit Behinderung bzw. drohender Behinderung gedacht sind.
Zum Personenkreis der Menschen mit Behinderung zählen Menschen, die aufgrund langfristiger körperlicher, seelischer, geistiger oder Sinnesbeeinträchtigungen in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft gehindert sind. Der Begriff der Gesellschaft ist dabei sehr weit auszulegen. Er kann sich auch auf die eigene Selbstversorgung, auf Schule oder Beruf erstrecken. Einzelheiten vgl. Komm. zu § 2 SGB IX.
Die Leistungen des § 29 haben die Zielrichtung, die
- uneingeschränkte Partizipation (= aktives Teilnehmen an allen gewünschten Lebenssituationen wie nicht behinderte Menschen) bzw.
- vollständige Inklusion (= optimiertes und erweitertes Verständnis von Integration; vgl. Komm. zu § 2 SGB IX)
des betroffenen Menschen zu erreichen.
Dabei versuchen die Hilfen, die negativen Folgen von Funktionsstörungen und Beeinträchtigungen in Bezug auf das "aktive Teilhaben" zu minimieren bzw. zu beseitigen (Näheres zu den Zielen vgl. Komm. zu § 4 SGB IX).
§ 29 unterscheidet bei seiner Übersicht der Teilhabeleistungen zwischen
Rz. 3
Als Leistungsspektrum führt § 29 neben den gerade erwähnten Hauptleistungen noch sog. Nebenleistungen auf – und zwar in § 29 Abs. 1 Nr. 4; hierbei handelt es sich um unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die dem Rehabilitanden im unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden. Einzelheiten vgl. Rz. 18 ff.
Rz. 4
Der Vollständigkeit halber verweist § 29 Abs. 1 Nr. 5 losgelöst von den anderen Teilhabeleistungen der Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) auf die besonderen Ansprüche und Rechte von schwerbehinderten Menschen, die seit dem 1.1.2018 in Teil 3 des SGB IX (ab § 151) geregelt werden. Nach § 2 Abs. 2 SGB IX sind dies Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 % vorliegt. Im Zusammenhang mit der Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes werden Menschen mit einem Grad der Behinderung von unter 50 %, wenigstens aber von 30 %, diesen behinderten Menschen gleichgestellt (§ 2 Abs. 3 SGB IX).
Die Unterstützungsleistungen bzw. Nachteilsausgleiche ergeben sich aus der Komm. zu Rz. 21 und 22, wobei festzustellen ist, dass dort auch Nachteilsausgleiche aufgeführt sind, die nicht zu den Sozialleistungen gehören.