Rz. 20

Der mit Wirkung zum 18.6.1994 neu geschaffene Satz 3 räumt dem Zweiten Kapitel des SGB X (§§ 67 bis 85a, Sozialdatenschutz) Vorrang vor dessen Erstem Kapitel (§§ 1 bis 66 SGB X, Verwaltungsverfahren) ein, dies allerdings nur insoweit, als es die Sachverhaltsermittlung (vgl. § 20 SGB X und Komm. dort) betrifft. Im Ergebnis soll dies sicherstellen, dass auch im Zusammenhang mit der Sachverhaltsermittlung der Sozialdatenschutz beachtet wird. Insbesondere soll dabei der Grundsatz der Erhebung von Sozialdaten beim Betroffenen zu beachten sein (§ 67a Abs. 2 Satz 1 SGB X). Bereits hiervon sehen jedoch z. B. § 18e Abs. 3 SGB IV und § 98 SGB X Abweichungen vor, indem der Arbeitgeber auf Verlangen dem Leistungsträger oder der zuständigen Einzugsstelle Auskunft über die Art und Dauer der Beschäftigung, den Beschäftigungsort und das Arbeitsentgelt zu erteilen hat.

 

Rz. 21

Wie in den Fällen des Vorbehalts für § 35 nach Satz 2 (vgl. Rz. 18), gilt jedoch sowohl für das Verhältnis des Ersten zum Zweiten Kapitels des SGB X als auch für die Sachverhaltsermittlung, dass Sozialdaten auch von oder bei Dritten erhoben werden können (§ 67a Abs. 2 SGB X). Soweit nämlich die Kenntnis eines bestimmten Sachverhalts, der auch an sich geschützte Sozialdaten enthält oder mit dem Sozialdaten untrennbar verbunden sind, für die Tätigkeit eines Sozialleistungsträgers oder diesem Gleichgestellte (vgl. § 35 Satz 1 und 4 und Komm. dort), erforderlich ist, eröffnet § 69 SGB X auch die Datenerhebung bei Dritten und die Datenübermittlung durch Dritte. Auch im Rahmen der Amtshilfe (§ 3 SGB X) ist die Übermittlung von Sozialdaten unter Beachtung der §§ 67 ff. SGB X grundsätzlich möglich.

 

Rz. 22

Aus der Beschränkung des Vorrangs des Zweiten Kapitels des SGB X auf die Sachverhaltsermittlung folgt, dass Sozialdatenschutz ansonsten keinen Vorrang hat. Im Ergebnis bedeutet dies lediglich, dass bei der Ermittlung eines sozialrechtlich relevanten Sachverhaltes die datenschutzrechtlichen Regelungen der §§ 67 ff. SGB X zu beachten sind; insbesondere die Erforderlichkeit der Datenerhebung und die Weitergabebefugnis vorhanden sein müssen. Soweit daher ein Verwaltungsakt zu begründen ist (§ 35 SGB X), kann und muss dieser ggf. auch Sozialdaten enthalten (BT-Drs. 12/5187 S. 29). Dies bedeutet dann zumeist auch eine Offenbarung gegenüber Dritten, denen dieser Verwaltungsakt zur Kenntnis gebracht wird oder werden muss, wie ohnehin der Datenschutz im sozialgerichtlichen Verfahren nur begrenzte Bedeutung hat. Für die sozialgerichtliche Amtsermittlung (§ 103 SGG) für den Sachverhaltfehlt eine solche Vorrangregelung.

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