Rz. 23
Während die Rechtsanspruchsleistungen i. S. d. § 38 bereits vor und unabhängig von der förmlichen Feststellung entstehen, ist das Entstehen einer Ermessensleistung (§ 39) an die Bekanntgabe der positiven Entscheidung gebunden (zur Bekanntgabe vgl. Komm. § 37 SGB X). Die Form des Verwaltungsakts für die Ermessensentscheidung wird zwar nicht ausdrücklich vorgeschrieben, jedoch als notwendig vorausgesetzt (vgl. Komm. zu § 38).
Rz. 24
Diese Sonderregelung für das Entstehen beruht darauf, dass vor der nach Ermessen vorzunehmenden Entscheidung kein konkreter Einzelleistungsanspruch besteht. Dieser Entstehungszeitpunkt ändert sich daher auch nicht dadurch, dass im Einzelfall (Ermessensreduzierung auf Null) nur eine ganz bestimmte Art der Ausübung des Ermessens rechtmäßig wäre (BSG, Urteil v. 24.6.1987, 5a RKnU 2/86). Auch im Fall der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensentscheidung kann das Gericht selbst keinen eigenen früheren Entstehungszeitpunkt festlegen. Wird eine ermessensfehlerhafte Ablehnung der Leistung aufgehoben, entsteht auch bei einer dann vorzunehmenden positiven Neubescheidung der Einzelanspruch erst mit der Bekanntgabe dieser Entscheidung.
Rz. 25
Der für die Sozialleistung zuständige Leistungsträger kann bei einer Ermessensentscheidung einen anderen Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs bestimmen, womit insbesondere ein späterer Zeitpunkt als der des Vorliegens der Voraussetzungen des Ermessensanspruchs auch als Fälligkeitszeitpunkt für die Einzelleistung gemeint ist. Dies kommt insbesondere bei Ermessensleistungen über die Übernahme von Kosten in Betracht, wenn diese noch nachgewiesen werden müssen oder die überhaupt erst künftig entstehen.
Rz. 26
Eine Bewilligung für einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Sachverhalt lässt den Einzelanspruch nicht rückwirkend entstehen, sondern ebenfalls erst mit der Bekanntgabe der Ermessensentscheidung. Hier ist dem bereits abgeschlossenen Sachverhalt durch Zubilligung mit Bekanntgabe und unverzüglicher Erfüllung Genüge zu tun.
Rz. 27
Abs. 2 kann und ist entsprechend anwendbar, wenn ein Sozialleistungsanspruch aus einem Verwaltungsakt oder einem Vergleich, der Unsicherheiten über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Leistung beseitigen soll, entsteht (so Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 40 Rz. 24; Stand: Juli 2014). Auch in diesen Fällen ergibt sich der Anspruch nicht kraft Gesetzes, sondern erst aus dem eigenständigen oder einen Vergleich ausführenden konstitutiven Verwaltungsakt.
Rz. 28
Für den durch Bekanntgabe entstandenen Ermessensanspruch gelten dann gemäß § 39 Abs. 2 die Vorschriften für Rechtsanspruchsleistungen, also neben der nicht erwähnten Erfüllungspflicht die Verzinsung, Verjährung und Aufrechnung, Verrechnung und Pfändung (vgl. Komm. zu § 39).