Rz. 5
Die Begriffe der Übertragung und Verpfändung sind dem BGB entnommen und meinen die Abtretung (§§ 398 ff. BGB) und die Verpfändung (§§ 1273 ff. BGB) von Forderungen (Ansprüchen). Bei beiden Verfügungen handelt es sich um dem Grunde nach zivilrechtliche Vorgänge, an denen der Sozialleistungsträger nicht unmittelbar beteiligt ist. Der Sozialleistungsträger hat jedoch die Rechtsfolgen dieser Verfügungsgeschäfte grundsätzlich zu beachten hat; nämlich die Verpflichtung zur Leistung an den nunmehr berechtigten Dritten. Dies gilt aufgrund des Abstraktionsprinzips für die Abtretung unabhängig von der Frage, ob der schuldrechtliche Vertrag wirksam ist oder nicht.
Rz. 6
Die Abtretung mittels verfügenden Vertrags führt dazu, dass die Forderung des Sozialleistungsberechtigten als Zedent auf einen Dritten, den Zessionar, übertragen wird. Dieser wird unmittelbar anstelle des bisherigen neuer Gläubiger der Forderung. Diese Abtretung kann und wird zumeist auch für erst künftig fällig werdende oder bedingte Zahlungsansprüche in Betracht kommen, wenn diese Ansprüche bestimmbar sind. Diese Bestimmbarkeit ist insbesondere bei festgestellten Dauerleistungen wie Renten, Arbeitslosengeld etc. gegeben (vgl. BSG, Urteil v. 19.3.1992, 7 RAr 26/91, SozR 3-1200 § 53 Nr. 4).
Rz. 6a
Für den Abtretungsvertrag gelten die zivilrechtlichen Vorschriften, d. h. für den Vertragsschluss ist Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) erforderlich; § 36 findet dagegen keine Anwendung (h. M. vgl. Siefert, in: KassKomm. SGB I, § 53 Rz. 10, Stand: März 2016).
Rz. 7
Die Verpfändung bedeutet die vertragliche verfügende Belastung des dem Sozialleistungsberechtigten verbleibenden Rechts mit einem Befriedigungsrecht eines Dritten (Pfandgläubigers) bei Pfandreife. Die Verpfändung stellt ein Sicherungsmittel dar, das heute weitgehend durch die Sicherungsabtretung ersetzt ist, so dass darauf nicht mehr gesondert eingegangen wird.
Rz. 8
Obwohl sich die Abtretung als Verfügung über einen Anspruch allein zwischen Sozialleistungsberechtigtem und einem sonstigen Dritten außerhalb der Vorschriften des SGB vollzieht, hat das BSG (Urteil v. 27.11.1991, 4 RA 80/90, SGb 1994 S. 80) die Übertragung/Abtretung als öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 53 ff. SGB X), der der Schriftform bedarf (§ 56 SGB X), angesehen, weil Gegenstand des Vertrags der öffentlich-rechtliche Anspruch einer Sozialleistung sei, der durch die Abtretung nicht verändert werde. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag sei, so das BSG, aber in § 53 als spezialgesetzliche Regelung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages vorgesehen, auch wenn kein Rechtsträger des öffentlichen Rechts daran beteiligt sei. Schon die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach § 53 SGB X erscheint bedenklich, denn bei den nach § 53 abtretbaren Sozialleistungsansprüchen handelt es sich um (bereits zuvor durch Verwaltungsakt festgestellte oder noch durch Verwaltungsakt festzustellende) Pflichtleistungen, für die in § 53 Abs. 2 SGB X die Form des öffentlich-rechtlichen Vertrages gerade ausdrücklich ausgeschlossen ist (zu Zweifeln am öffentlich-rechtlichen Vertrag auch B. Häusler, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 53 Rz. 7, Stand: Dezember 2005, und BSG, Urteil v. 25.6.2010, B 2 U 26/09 R, SozR 4-1200 § 53 Nr. 3). Das aus der Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages folgende Schriftformerfordernis nach § 56 SGB X für die Abtretung von Zahlungsansprüchen aus einem sozialrechtlichen Leistungsverhältnis lässt sich auch aus der Rechtsentwicklung nicht ableiten. Das 1976 in Kraft getretene SGB I enthielt für die Abtretung oder Verpfändung kein Schriftformerfordernis. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Formerfordernis mit dem 1981 in Kraft getretenen SGB X eingeführt wurde oder werden sollte, sind nicht vorhanden. Zudem ist ein solches Formerfordernis durch Verwendung eines amtlichen Vordrucks, das im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf zum 1. SGBÄndG v. 20.7.1988 (BGBl. I S. 1046) in § 53 Abs. 4 vorgesehen war, ausdrücklich abgelehnt worden (BT-Drs. 11/2460 S. 15), um Erschwernisse im Rechtsverkehr zu vermeiden (vgl. dazu BSG, Urteil v. 25.6.2010, B 2 U 26/09 R, SozR 4-1200 § 53 Nr. 3).
Rz. 8a
Auch die Begründung zum SGB I (BT-Drs. 7/868 S. 22) spricht gegen das Schriftformerfordernis. Wie sich daraus ergibt, ist die Geltung zivilrechtlicher Regelungen bei der Fassung aller Vorschriften des Dritten Abschnitt s vorausgesetzt worden, also auch für § 53. Eine Schriftform für den Abtretungsvertrag war und ist im BGB jedoch nicht vorgesehen. Weiterhin ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Dritte Abschnitt gegenüber dem BGB Regelungen nur trifft, soweit wegen der besonderen Verhältnisse des Sozialrechts Klarstellungen und Abweichungen erforderlich sind oder der Sachzusammenhang es zweckmäßig erscheinen lässt. Die grundsätzliche Geltung der Vorschriften des BGB für die Leistungserfüllung ist daher vorausgesetzt, denn das SGB I enthält dazu keine eigenen Bestimmungen; insbesondere auch nicht zur Frage, an wen zu erfüllen ist, wenn eine ...