Rz. 2
Die Sonderrechtsnachfolge tritt kraft Gesetzes ein und bedarf keiner Annahmeerklärung. Zur Vermeidung der Sonderrechtsnachfolge ist daher der Verzicht darauf eingeräumt, was in der Wirkung der erbrechtlichen Ausschlagung (§§ 1942 ff. BGB) entspricht. Der Sonderrechtsnachfolger muss auf die Sonderrechtsnachfolge verzichten, will er diese ausschließen, um z.B. die daraus entstehende Haftung nach Abs. 2 zu vermeiden. Ein Verzicht kann jedoch auch in der Absicht der Begünstigung nach- oder gleichrangiger Sonderrechtsnachfolger erklärt werden.
Rz. 3
Die Erklärung des Verzichts ist nur innerhalb einer Frist von 6 Wochen möglich. Für den Fristbeginn ist nach § 26 SGB X auf die §§ 187 ff. BGB abzustellen. Die Frist beginnt mit der positiven Kenntnis vom Eintritt der Sonderrechtsnachfolge. Diese positive Kenntnis ist nicht schon mit der Kenntnis des Todes des Sozialleistungsberechtigten gegeben, sondern setzt darüber hinaus Kenntnis vom Bestehen eines Zahlungsanspruchs auf laufende Geldleistungen und der eigenen Berechtigung als Sonderrechtsnachfolger voraus. Die Kenntnis aller dieser Voraussetzungen wird daher wohl erst bei einer entsprechenden Mitteilung des Sozialleistungsträgers gegeben sein (so auch: Wagner, in: jurisPK-SGB I, § 57 Rz. 9; Giese, in: Giese/Krahmer, SGB I, § 57 Rz. 2 unter Hinweis auf § 14). Die dürfte erst recht gelten, wenn in der Rangfolge der Sonderrechtsnachfolge nach § 56 Abs. 1 noch vorrangige Personen vorhanden sind oder die Sonderrechtnachfolge erst in Folge des Verzichts eines vorrangigen Sonderrechtsnachfolgers eintritt.
Rz. 4
Die Frist endet nach den allgemeinen Vorschriften des BGB (§§ 186 ff. BGB, vgl. § 26 SGB X), also mit Ablauf des entsprechenden Wochentages der 6. Woche nach Erlangen der Kenntnis, es sei denn, das Ende der Frist fiele danach auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag. Bis zum Ablauf dieses Tages muss die Verzichtserklärung dem Sozialleistungsträger zugegangen sein.
Rz. 5
Die Frist ist eine Ausschlussfrist, eine Wiedereinsetzung ist daher nicht möglich (§ 27 Abs. 5 SGB X). Da die Regelung erkennbar der Erbausschlagung (§ 1944 BGB) nachgebildet ist, eine Irrtumsanfechtung gemäß § 1956 BGB jedoch für die unterlassene Verzichtserklärung nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist, besteht keine Möglichkeit, die schuldlose Fristversäumnis zu heilen. Eine Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB wird zwar für möglich gehalten, könnte praktisch aber allenfalls bei einem erklärten Verzicht in Betracht kommen. Die Anfechtung kann nicht auf die Unkenntnis der eintretenden Haftung gestützt werden, da es sich dabei um einen Rechtsfolgenirrtum handelt, der nicht zur Anfechtung berechtigt. Das Fehlen eines Anfechtungsrechts bei Fristversäumnis ist auch deshalb nicht bedenklich, weil die Haftung auf den übergegangenen Anspruch begrenzt ist und deshalb, anders als im Erbrecht, keine unbegrenzte Haftung eintritt.
Rz. 6
Die Erklärung des Verzichts bedarf der Schriftform, wozu auch die eigenhändige Unterschrift gehört (§ 126 BGB). Die Schriftform kann durch die elektronische Form der Erklärung ersetzt werden, wenn diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist (vgl. § 36a und Komm. dort). Auch die Erklärung zur Niederschrift ist möglich. Sie ist gegenüber dem zuständigen Leistungsträger abzugeben, gegen den der verstorbene Sozialleistungsberechtigte einen noch zu erfüllenden Anspruch hatte. Demzufolge wirkt der Verzicht auch nur gegenüber diesem Träger. Bestehen mehrere Ansprüche gegen verschiedene Sozialleistungsträger aufgrund der Sonderrechtsnachfolge, ist der Verzicht jedem der Sozialleistungsträger gegenüber zu erklären. Sollten gegen einen Leistungsträger verschiedene eigenständige Ansprüche bestehen, ist genau anzugeben, auf welchen der Ansprüche sich der Verzicht bezieht.
Rz. 7
Als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung wird der Verzicht mit dem fristgerechten Zugang beim Leistungsträger (§ 130 Abs. 1 und 3 BGB) wirksam. Als einseitige Erklärung ist der Verzicht bedingungsfeindlich (§ 1947 BGB kann entsprechend herangezogen werden). Eine mit der Verzichtserklärung verbundene Bedingung macht den Verzicht insgesamt unwirksam. Für den Zugang und die Fristwahrung kann nicht auf § 16 Abs. 2 zurückgegriffen werden, weil ausdrücklich die Erklärung gegenüber dem zuständigen Leistungsträger erforderlich ist (so auch Mrozynski, SGB I, 3. Aufl., § 57 Rz. 1).
Rz. 8
Ein Widerruf des Verzichts (Verzicht auf Verzicht) ist nicht möglich. Auch § 46 Abs. 1 kann nicht entsprechend herangezogen werden, weil es nach Eintritt der Sonderrechtsnachfolge die in § 46 vorausgesetzten zukünftigen Ansprüche nicht mehr gibt.
Rz. 9
Die Verzichtserklärung kann von Minderjährigen und Handlungsunfähigen, die häufig als Sonderrechtsnachfolger in Betracht kommen, nicht nach § 36 Abs. 1 abgegeben werden, weil es sich nicht um einen Antrag auf Sozialleistungen handelt. Es handelt sich beim Verzicht auf die Sonderrechtsnachfolge auch nicht um den Verzicht auf eine Sozialleistung i...