2.1 Personenkreis

 

Rz. 3

Zur persönlichen Vorsprache nach § 61 verpflichtet sind Antragsteller auf Sozialleistungen und Personen, die diese Leistung bereits beziehen. Die Vorschrift ergänzt § 60. Befürchtungen, die Vorschrift sei gegen die Leistungsberechtigten gerichtet, sind unbegründet. Die Pflichten aus § 61 treffen den Leistungsträger und den Leistungsberechtigten. Durch Aufforderungen zum persönlichen Erscheinen bindet der Leistungsträger in erheblichem Umfang Ressourcen. Er wird deshalb die notwendigen Informationen bevorzugt anderweitig zu beschaffen suchen, z. B. telefonisch oder elektronisch. Gegenstand persönlicher Vorsprachen können aber insbesondere auch Hinweise auf andere Leistungen und deren Beantragung, Beratungen über Gestaltungsrechte oder Anhörungen nach § 24 SGB X sein. Die Fertigung einer Niederschrift über die mündliche "Verhandlung" liegt auch im Interesse einer klaren Verwaltungssprache, deren der Bürger oft nicht kundig ist. Daraus erklärt sich die zweiseitige Verpflichtung aus Amtsermittlung und Mitwirkung für Leistungsträger und Betroffene.

 

Rz. 4

Von § 61 zu unterscheiden ist das Recht des Leistungsberechtigten, zur Klärung des relevanten Sachverhaltes initiativ beim Leistungsträger vorzusprechen und um Beratung nachsuchen. § 61 betrifft nicht Meldeaufforderungen nach § 309 SGB III oder § 59 SGB II, das Aufsuchen des Leistungsberechtigten in seiner Wohnung oder das Anhörungsverfahren nach § 24 SGB X.

 

Rz. 5

Zum Schutz durch die Unfallversicherung bei persönlicher Meldung vgl. § 2 SGB VII. § 61 gilt auch nach dem Recht des Unterhaltsvorschusses (vgl. OVG Sachsen, Urteil v. 24.5.2023, 5 A 590/21).

 

Rz. 6

Es handelt sich um eine persönliche Obliegenheit, der Verpflichtete kann seiner Mitwirkung daher nicht durch Entsendung eines Bevollmächtigten nachkommen. Er kann allerdings von einem Beistand begleitet werden (vgl. § 13 Abs. 4 SGB X). Aus Praktikabilitätsgründen wird ein Leistungsträger auch einen Stellvertreter akzeptieren, wenn die beabsichtigte Maßnahme nicht zwingend ein persönliches Erscheinen erfordert, um dem Betroffenen damit den Zugang zur Sozialleistung zu erleichtern (vgl. § 17). In diesen Fällen ist allerdings besonders zu prüfen, ob ein persönliches Erscheinen überhaupt notwendig i. S. d. § 61 ist. Das gilt auch, wenn die Vorsprache von einem gesetzlichen Vertreter wahrgenommen werden soll, z. B. weil der Antragsteller noch minderjährig ist. Allerdings kann die Pflicht zum persönlichen Erscheinen auch eine höchstpersönliche Pflicht für Minderjährige werden, etwa, wenn es auf den Augenschein ankommt.

2.2 Voraussetzungen des persönlichen Erscheinens

 

Rz. 7

Zulässige Einladungen zur persönlichen Vorsprache setzen ein Verlangen des zuständigen Leistungsträgers und die Notwendigkeit der Vornahme von Maßnahmen in Gegenwart des Betroffenen für die Entscheidung über die Leistung voraus. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Mitwirkungspflicht nach § 61 nicht allein die persönliche Vorsprache an sich, sondern den gesamten Prozess umfasst. Andernfalls käme es zu der Erörterung des Antrages oder einer anderen notwendigen Maßnahme i. S. des Gesetzes nicht und das persönliche Erscheinen ginge fehl. Voraussetzung des § 61 ist ein gestellter Antrag auf Sozialleistungen nach dem SGB oder ein (laufender) Leistungsbezug, in diesen Fällen in Bezug auf die Frage, ob die Leistungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen. Zuständig ist der Leistungsträger, der zur Entscheidung über die Gewährung oder Ablehnung, der Versagung oder Entziehung der Leistung befugt ist (vgl. auch §§ 18 ff.), in Fällen des gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Auftrags (§§ 88 ff. SGB X) obliegt die Pflicht gegenüber dem Beauftragten (z. B. einer gemeinsamen Einrichtung aufgrund gesetzlichen Aufgabenübergangs nach § 44b SGB II). Der Auftragnehmer bzw. Wahrnehmungsbefugte hat in diesen Fällen gegenüber dem zuständigen Leistungsträger ggf. Rechenschaft darüber abzulegen, dass er von seinem Verlangen i. S. d. § 61 rechtmäßig Gebrauch macht.

 

Rz. 8

Nach dem Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und ist nicht an das Vorbringen von Beteiligten gebunden. Der zuständige Leistungsträger legt nach pflichtgemäßem Ermessen auch die erforderlichen Beweismittel fest (§ 21 Abs. 1 SGB X). Schon daraus folgt, dass § 61 der Sachverhaltsaufklärung der Behörde dienlich sein soll. Ein Bestreiten der Mitwirkungspflicht außerhalb der Grenzen der §§ 61 und 65 würde deshalb ein Bestreiten der Aufklärungspflicht der Behörde bedeuten (vgl. dazu ausführlicher die Komm. zu § 62). Allerdings ist die Behörde zur weiteren Amtsermittlung nur verpflichtet, wenn die angegebenen Tatsachen und vorgelegten Beweismittel aufgrund vollständiger und wahrheitsgemäßer Auskunft für eine Entscheidung über das Erbringen der Sozialleistung nicht ausreichen, weil sie z. B. nicht plausibel sind. Daraus ist auf die notwendige Qualität einer mündlichen Erörterung oder Vornahme einer notwendigen Maßnahme zu schließen. Im Regelfall soll d...

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