Rz. 2
Die Vorschrift ermächtigt den Leistungsträger dazu, gemäß § 66 versagte oder entzogene Leistungen nachzuzahlen. Allerdings begründet die Nachholung einer vom Leistungsträger verlangten Mitwirkung nur einen Anspruch auf Prüfung des § 67 (vgl. Bay. LSG, Urteil v. 28.7.2015, L 16 AS 118/15). Die Regelung gilt für alle Sozialleistungsbereiche, spezialgesetzliche Vorschriften in den einzelnen Sozialgesetzbüchern sind daher entbehrlich. Ihrer bedarf es nur, wenn der Gesetzgeber eine abweichende Regelung treffen will. Bei vergleichbaren Mitwirkungspflichten wären von § 67 abweichende Regelungen in einem der Sozialgesetzbücher aber zweifelhaft (vgl. in diesem Zusammenhang BSG, Urteil v. 17.8.2000, B 10 LW 8/00 R). Nach Auffassung des BSG wäre eine solche Regelung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ggf. verfassungskonform auszulegen. Anerkannt ist allein § 37 Abs. 6 SGB XI (Kürzung und Entziehung des Pflegegeldes bei nicht abgerufener Beratung). Voraussetzung des § 67 ist zunächst, dass der Leistungsträger gemäß § 66 Abs. 3 rechtmäßig beantragte Leistungen versagt bzw. bereits bezogene Leistungen entzogen hat, weil der Leistungsberechtigte seiner Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 64 trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen innerhalb einer vom Leistungsträger gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen ist. Wird die Mitwirkungshandlung nachgeholt und steht fest, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung erfüllt sind, entscheidet der Leistungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen, ob, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe er nunmehr die Leistung erbringt. In Fällen eines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Aufgabenübergangs obliegt die Entscheidung dem Auftragnehmer, der seine Entscheidungspraxis gegenüber dem Auftraggeber zu rechtfertigen hat (vgl. z. B. die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b SGB II für die Agentur für Arbeit und den kommunalen Träger). Der Leistungsträger kann die Leistung auch rückwirkend ab dem Tag, ab dem die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind oder ab dem die begehrte Leistung entzogen wurde, in voller Höhe nachzahlen. Die Vorschrift soll den Leistungsberechtigten dazu motivieren, zunächst nicht geleistete Mitwirkungshandlungen nachzuholen und dadurch eine Leistungserbringung zu erreichen. Die §§ 66, 67 sollen den Leistungsträger bei der Durchführung und dem Abschluss von Verwaltungsverfahren unterstützen, nicht aber Leistungsansprüche unwiederbringlich vernichten. Der Anreiz zur Nachholung der Mitwirkung liegt hauptsächlich darin, dass die durch § 66 für die Zukunft geregelten Folgen nunmehr nach § 67 für die Vergangenheit rückgängig gemacht werden können.