Entscheidungsstichwort (Thema)

Anteilige Kürzung des Einmalbetrages bei teilweiser Nichtrealisierung der Kündigungsabfindung wegen Insolvenz des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn das gesetzliche Schonvermögen durch die gezahlte Abfindung überschritten wird, hat der PKH-Empfänger im Kosteninteresse grundsätzlich mit einem Betrag in Höhe von 10% des Nennwertes einer Kündigungsabfindung für die entstandenen Kosten einzustehen, Weder Gegenforderungen des Arbeitgebers noch die bei höheren Abfindungen abzuführenden Steuern, die den Auszahlungsbetrag tatsächlich verringern, ermäßigen den für die Prozeßkostenhilfe einzusetzenden Verfahrenskostenbeitrag von 10% des Nennwertes der Abfindung.

2. Ansprüche auf Abfindungen nach §§ 9, 10 KSchG aus einem Kündigungsschutzverfahren vor Insolvenzeröffnung mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen und wirksam gewordenen Vergleich sind im Insolvenzverfahren nach § 38 InsO nur als einfache Insolvenzforderungen mit der Insolvenzquote zu berichtigen. War für die Abfindung Ratenzahlung vereinbart und kann der Arbeitgeber die letzte Rate wegen Insolvenzeröffnung nicht mehr zahlen, dann ist der von dem Arbeitnehmer als Verfahrenskostenbeitrag festgesetzte Einmalbetrag anteilig zu kürzen.

 

Normenkette

RPflG § 11; ZPO §115; BSHG § 88 Abs. 2 Ziff. 8 Hs. 2; InsO §§ 38, 55; SGB III § 183 Abs. 1, § 184 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 02.07.2001; Aktenzeichen 5 Ca 1775/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der PKH-Abänderungsbeschluß des Arbeitsgerichts vom 02.07.2001 – 5 Ca 1775/01 – teilweise abgeändert

Der vom Kläger aus der Abfindung zu zahlende Einmalbetrag wird von 900,00 DM auf 600,00 DM ermäßigt.

 

Tatbestand

I. Das Arbeitsgericht hat zur Kündigungsschutzprozesses mit Beschluß vom 09.05.2001 in vollem Umfang mit Wirkung vom 16.03.2001 Prozeßkostenhilfe bewilligt und … aus Bochum mit der Maßgabe beigeordnet, daß der Kläger auf die Verfahrenskosten aus der Abfindung einen einmaligen Betrag von 900,00 DM am 15.07.2001 und aus seinem Einkommen monatliche Raten in Höhe von 310,00 DM zu leisten hat.

Auf seinen Antrag vom 31.05.2001 hin hat das Arbeitsgericht wegen der eingetretenen Arbeitslosigkeit des Klägers durch Beschluß vom 02.07.2001 den PKH-Bewilligungsbeschluß dahingehend abgeändert, daß er einstweilen von Ratenzahlungsverpflichtungen befreit ist, aber zur Zahlung des Einmalbetrages von 900,00 DM verpflichtet bleibt.

Gegen diese Entscheidung hat, der den Einmalbetrag nach Erhalt des PKH-Zahlungsplans vom 13.07.2001 umgehend am 19.07.2001 an die Gerichtskasse gezahlt hat, mit vom 02.08.2001, bei dem Arbeitsgericht am gleichen Tage per Telefax eingegangen, Beschwerde eingelegt. Er beruft sich darauf, daß er von der vereinbarten Abfindungssumme von 9.000,00 DM nur einen Teilbetrag von 6.000,00 DM erhalten habe. Die letzte Rate, welche am 02.07.2001 fällig gewesen sei, sei nicht gezahlt worden. Nach der Zahlungsaufforderung gemäß anwaltlichem Schreiben vom 06.07.2001 hätten die vormaligen Prozeßbevollmächtigten der beklagten Arbeitgeberin mit anwaltlichem Schreiben vom 17.07.2001, eingegangen bei seinen Prozeßbevollmächtigten am 18.07.2001, mitgeteilt, daß ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beklagten Arbeitgeberin gestellt worden sei. Die Restzahlung sei daher zeitnah nicht zu erwarten.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, der Einmalbetrag sie vollständig gezahlt worden.

Der Kläger beruft sich darauf, in Unkenntnis der Nichtschuld geleistet zu haben, da die Insolvenz der beklagten Arbeitgeberin im Zahlungszeitpunkt noch nicht absehbar gewesen sei. Die Überzahlung in Höhe von 300,00 DM werde an ihn zu erstatten sein.

Das Amtsgericht Dortmund hat durch Beschluß vom 20.08.2001 (255 IN 31/01) über das Vermögen der im Handelsregister HRB 62. e2. N1. GmbH aus D2. das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt S1. H4. aus G2. zum Insolvenzverwalter bestellt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Auferlegung der Zahlung eines Kostenbeitrags in Höhe von 10% der erhaltenen Abfindung gemäß § 115 Abs. 2 ZPO entspricht der ständigen Rechtsprechung der bisherigen beiden Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts (vgl. LAG Hamm v. 21.02.1989 – 7 Ta 502/88, n.v.; LAG Hamm v. 21.01.1998 – 14 Ta 158/98, n.v.), der sich die 4. Kammer angeschlossen hat (vgl. LAG Hamm v. 24.11.2000 – 4 Ta 233/00, n.v.; LAG Hamm v. 19.04.2001 – 4 Ta 287/01, n.v.). Nach dieser Rechtsprechung stellt eine vom Arbeitnehmer im Vergleichswege erzielte Abfindung grundsätzlich einen nach § 115 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähigen Vermögenswert dar. Wenn die Schongrenze des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG, die sich auf 4.500,00 DM beläuft und sich für jede unterhaltsberechtigte Person um 500,00 DM erhöht, überschritten wird (siehe dazu LAG Hamm v. 01.02.2002 – 4 Ta 769/01, n.v.), hat der PKH-Empfänger in Höhe von 10% des Nennwertes der Abfindung für die entstandenen Kosten der Prozeßführung einzus...

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