Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansetzung angemessener Wohnkosten im Prozesskostenhilfeverfahren. Autostellplatz/Garagenmiete im Freibetrag des § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2a) ZPO
Leitsatz (amtlich)
1) Die Wohnkosten einer Partei gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 3 ZPO sind in der tatsächlich bestehenden Höhe anzusetzen. Erst wenn ein auffälliges Missverhältnis der Wohnkosten zu den Lebensverhältnissen der Partei gegeben ist, sind die angemessenen Wohnkosten in entsprechender Anwendung der §§ 35 Abs. 2 SGB XII, 22 Abs. 2 SGB II zu ermitteln und dann ggf. fiktiv als Wohnkosten der Berechnung des verfügbaren Einkommens zugrunde zu legen. Ein auffälliges Missverhältnis kann erst bei Wohnkosten von 50% und mehr des Nettoeinkommens einer Partei angenommen werden.
2) Die Kosten für einen Autostellplatz/Garagenmiete sind grundsätzlich als im Freibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2a) ZPO enthalten anzusehen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3; SGB II § 22 Abs. 2; SGB XII § 35 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 24.01.2019; Aktenzeichen 1 Ca 941/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 27.02.2019 gegen den Prozesskostenhilfe-Änderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 24.01.2019 wird der Beschluss abgeändert.
Die Klägerin hat zukünftig monatliche Raten aus ihrem Einkommen in Höhe von 72,00 € zu zahlen.
Die Raten werden zur Zahlung fällig nach Zusendung eines Zahlungsplanes über die Rate von 72,00 € für die in Zukunft zu zahlenden Raten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin zur Hälfte.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Änderung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse.
Mit Beschluss vom 14.12.2016 wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten bewilligt.
Mit Schreiben vom 17.08.2018 wurde die Klägerin aufgefordert, eine aktuelle Erklärung über ihre Einkommensverhältnisse abzugeben und eine Frist gesetzt bis zum 31.08.2018. Nach Vorlage entsprechender Unterlagen errechnete das Arbeitsgericht eine nunmehr zu erbringende Ratenzahlung von 135,00 € (Berechnung Bl. 54/55 PKH-Akte). Die Berechnung wurde der Klägerin mit Schreiben vom 30.08.2018, zugestellt am 30.08.2018, bekanntgegeben.
Von den seitens der Klägerin mit 385,00 € angegebenen Netto-Mietkosten berechnete das Arbeitsgericht lediglich 310,00 €. Dabei wurde ein für eine Einzelperson angemessener Wohnraum von 50 m² bei Annahme einer sich hieraus ergebenen Miete von 310,00 € anhand des für Herford geltenden Mietspiegels zugrunde gelegt. Die Kosten für einen Auto- Stellplatz von 15,00 € wurden nicht berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 13.09.2018 führte die Klägerin aus, dass die Kosten für den Stellplatz mit zu übernehmen seien, da dieses auch im Sozialrecht jedenfalls dann so gehandhabt werde, wenn dieser fest mit dem Mietvertrag verbunden sei. Auch sei die Berechnung der Miete lediglich nach für die Klägerin zulässigen 50 m² nicht angemessen. Vielmehr seien die Mietkosten in voller Höhe zu berechnen. Eine Grenze für die Anrechnung von Mietkosten könne lediglich bei Luxuswohnungen angenommen werden. Eine günstigere Wohnung sei bei der angespannten Wohnungslage nicht erreichbar.
Der Stellplatz gehöre nicht fest zum Wohnraummietvertrag, sondern könne einzeln angemietet werden, werde aber für das Fahrzeug benötigt.
Die Privathaftpflichtversicherung sei zu berücksichtigen sowie Fahrtkosten für eine Anfahrt zur Arbeitsstätte von 3 km. Das Auto sei von der Mutter der Klägerin für diese erworben worden, die Mutter sei in den KFZ-Brief eingetragen, die KFZ-Versicherung werde von der Klägerin, die auch Nutzerin sei, getragen.
Das Arbeitsgericht vertrat demgegenüber mit Schreiben vom 12.10.2018 die Auffassung, die Wohnkosten seien fiktiv anhand des der Klägerin anzuerkennenden Wohnbedarfs von 50 m² anhand des für Herford geltenden Mietspiegels auf 310,00 € hochzurechnen.
Mit Beschluss vom 24.01.2019, zugestellt am 28.01.2019, setzte das Arbeitsgericht die zu zahlenden monatlichen Raten in Höhe von 110,00 € fest. Die Begründung ergibt sich aus dem Schreiben vom 28.02.2019 (Bl. 70/71 d.A.). Danach wurden die Netto-Kosten für die Mietwohnung anhand einer fiktiven Berechnung in Höhe von 310,00 € festgesetzt sowie 15,00 € monatliche Kosten für einen PKW-Stellplatz nicht berücksichtigt.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit der am 27.02.2019 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben (Bl. 68/69 d.A.) Bezug genommen.
Nach Nichtabhilfe-Entscheidung vom 11.03.2019, in dem das Arbeitsgericht insbesondere ausführte, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass eine billigere Wohnung in Herford nicht zu erlangen sei, legte das Arbeitsgericht den Sachverhalt dem Beschwerdegericht vor.
II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 11a Abs. 1, 78 ArbGG und §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff ZPO an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und in der Sac...