Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Vergütung für Verpflegungsmehraufwendungen bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens im Rahmen der Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die nach § 3 Nr. 16, § 9 Abs. 4a EStG gewährte steuerfreie Vergütung für Verpflegungsmehraufwand erhöht im Ergebnis nicht das einzusetzende Einkommen im Sinne des § 115 ZPO. Es kann offen bleiben, ob diese Aufwandsentschädigung schon nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist oder ob bei ihrer Berücksichtigung der Verpflegungsmehraufwand in entsprechender Höhe als beruflich bedingter Aufwand im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII abzusetzen ist.

2. Eine Berücksichtigung ersparter häuslicher Aufwendungen ist nur bei der pauschal versteuerten Vergütung für Verpflegungsmehraufwand im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG vorzunehmen, und zwar in Höhe eines Drittels der gewährten Vergütung.

 

Normenkette

ZPO § 115; EStG § 3 Nr. 16, § 9 Abs. 4a, § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 4; SGB XII § 82 Abs. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 01.04.2014; Aktenzeichen 3 Ca 528/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 1. April 2014 (3 Ca 528/13) unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Kläger hat in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 2. Mai 2013 (3 Ca 528/13) die Prozesskosten der 1. Instanz in monatlichen Raten von 15,00 Euro zu zahlen. Der Beginn der Ratenzahlung wird gesondert festgesetzt.

Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Dezember 2013 (15 Sa 1499/13) bleibt hinsichtlich der Ratenzahlung hiervon unberührt.

Der Beginn der Ratenzahlung bleibt der gesonderten Festsetzung durch das Arbeitsgericht vorbehalten.

Der Kläger trägt die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 gültigen Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die in Abänderung der ursprünglichen Bewilligung vom 2. Mai 2013 erfolgte Anordnung einer Ratenzahlung ist zu Unrecht erfolgt, soweit durch die angefochtene Entscheidung eine monatliche Rate in Höhe von 275,00 Euro für die Zahlung der in der ersten und zweiten Instanz entstandenen Kosten festgesetzt wurde. Die vom Arbeitsgericht für die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens herangezogene Berechnung im Berufungsverfahren vom 22. November 2013 kann in dieser Form der Entscheidung über die nachträgliche Anordnung einer Ratenzahlung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO a. F. sowie der Zahlung der Kosten erster Instanz nicht zugrunde gelegt werden, auch wenn sie Grundlage der Bewilligungsentscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 4. Dezember 2013 (15 Sa 1499/13) ist.

1.

Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Abrechnungen erhält dieser für seine Tätigkeit als Kraftfahrer neben einem monatlichen Bruttogehalt von 1.650,00 Euro zusätzlich Spesen. Zum einen zahlt der Arbeitgeber eine nach § 3 Nr. 16, § 9 Abs. 4a EStG steuerfreie, zum anderen eine nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG pauschal mit 25 % versteuerte Vergütung für Verpflegungsmehraufwand.

a)

Es ist streitig, ob bei der Berechnung des Einkommens Aufwandsentschädigungen wie Fahrtkostenerstattungen, Spesen oder Auslandszulagen als Einkommen anzusehen sind (vgl. LAG Hamm, 7. Februar 2011, 14 Ta 28/11, n. v.; LAG Sachsen-Anhalt, 7. September 2011, 2 Ta 124/11, [...]; OLG Karlsruhe, 24. September 2003, 18 WF 161/02, FamRZ 2004, 645; a. A. LAG Köln, 15. Januar 2009, 5 Ta 534/08, [...]; LAG Schleswig-Holstein, 15. November 2012, 5 Ta 189/12). Allerdings werden solche Aufwandsentschädigungen gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a) ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII wiederum als Abzugsposten berücksichtigt (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 7. Auflage, 2014, Rn. 219), wobei streitig ist, ob dieser Abzug in voller Höhe (so LAG Hamm, a. a. O.) zu erfolgen hat oder Aufwandsentschädigungen (nur) zu einem Drittel für ersparte häusliche Aufwendungen als Einkommen zu berücksichtigen sind (so LAG Sachsen-Anhalt, a. a. O.; OLG Karlsruhe, a. a. O.). Jedenfalls ist nur ein eventueller Überschuss anzurechnen (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O.). Einer besonderen Geltendmachung des Verpflegungsmehraufwandes als Werbungskosten bedarf es im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren bei der tatsächlichen Gewährung von Aufwandsentschädigungen im Rahmen der steuerlich anerkannten Pauschalsätze nicht. Der tatsächliche Anfall von Mehraufwand aufgrund wechselnder Einsatzstellen und besonderer Arbeitszeiten ist Voraussetzung für ihre Gewährung. Soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte konkret ersichtlich sind, wird in der Praxis davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber sie nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung der antragstellenden Partei gewährt (vg...

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