Entscheidungsstichwort (Thema)

Zumutbarer Einsatz von 10% der Kündigungs- oder Sozialplanabfindung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Weder für das PKH-Prüfungsverfahren noch für das PKH-Beschwerdeverfahren darf Prozeßkostenhilfe gewährt und ein Anwalt beigeordnet werden.

2. Nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar nur ein das Schonvermögen übersteigendes Bank-, Spar- oder Bausparguthaben oder ein entsprechender Rückkaufswert einer Lebensversicherung, dieser Betrag aber stets und in vollem Umfang zum Bestreiten der Verfahrenskosten einzusetzen. Würde man diese Grundsätze auf die Frage der Anrechnung einer Kündigungsschutzabfindung im arbeitsgerichtlichen Verfahren übertragen, so dürfte nur die Differenz zwischen der gesetzlichen Schongrenze und dem vereinbarten Abfindungsbetrag zugrundegelegt werden, jedoch wäre dieser Differenzbetrag dann nicht bloß mit 10%, sondern in vollem Umfang anzusetzen.

3. Hier verdient die vermittelnde Auffassung, wonach der PKH-Empfänger dann, wenn das gesetzliche Schonvermögen durch die gezahlte Abfindung überschritten wird, im Kosteninteresse nur (dann allerdings stets) mit einem Betrag in Höhe von 10% des Nennwertes einer Kündigungsabfindung (die Steuern ermäßigen den einzusetzenden Betrag nicht) für die entstandenen Kosten einzustehen hat, den Vorzug.

 

Normenkette

ArbGG § 78 S. 1; ZPO § 569 Abs. 3 Nr. 2 n.F., §§ 114, 119 S. 1, § 115; BSHG § 88 Abs. 2 Ziff. 8 Hs. 2, Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Beschluss vom 15.08.2002; Aktenzeichen 1 Ca 1722/01)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf PKH-Bewilligung und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den PKH-Abänderungsbeschluß des Arbeitsgerichts Rheine vom 15.08.2002 –1 Ca 1722/01 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Das Arbeitsgericht Rheine hat dem Kläger zur Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens mit Beschluß vom 07.02.2002 mit Wirkung vom 18.10.2001 in vollem Umfang Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt und ihm Rechtsanwalt H5xx-C1xxxxxxx K1xxxx aus Ixxxxxxxx zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet.

Im Kammertermin vom 25.04.2002 (1 Ca 1722/01) haben die Parteien sodann einen Vergleich geschlossen, wonach das Berufsausbildungsverhältnis auf Veranlassung der Beklagten aufgrund völliger Zerrüttung mit dem 30.09.2001 aufgelöst worden ist und die Beklagte an den Kläger wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 5.750,00 EUR zahlt.

Mit Beschluß vom 15.08.2002 (1 Ca 1722/01) hat das Arbeitsgericht Rheine den PKH-Bewilligungsbeschluß vom 07.02.2002 abgeändert und angeordnet, dass der Kläger auf die Kosten des Verfahrens einen Teilbetrag in Höhe von 575,00 EUR aus seinem Vermögen zu zahlen hat.

Gegen den am 23.08.2002 zugestellten Beschluß hat der Kläger mit Schriftsatz vom 06.09.2002, bei dem Arbeitsgericht am 09.09.2002 eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung trägt er,nach der in Bezug genommenen landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung müsse der PKH-Partei von einer im Prozeß gezahlten Abfindung der Schonbetrag von 2.301,00 EUR verbleiben. Vorliegend habe das Arbeitsgericht den gesamten Abfindungsbetrag in Höhe von 5.750,00 EUR als Berechnungsgrundlage herangezogen. Es dürfe aber nur innerhalb der Differenz von 2.301,00 EUR (Schongrenze) und 5.750,00 EUR (Abfindungsbetrag) zugrundegelegt werden. Hätte nicht eine Abfindung von 5.750,00 EUR, sondern nur in Höhe von 2.301,00 EUR erhalten, müßte das Arbeitsgericht bei seiner aktuellen Berechnung einen Rückzahlungsbetrag von 230,10 EUR festsetzen, was zur Folge hätte, daß der Schonbetrag unterschritten würde, denn verbliebe lediglich ein Betrag von 2.070,90 EUR. Diese Konsequenz ließe sich nur Vermeiden, wenn nicht der Gesamtbetrag der Abfindung, sondern der Differenzbetrag von Abfindung und Schonbetrag für die Berechnung maßgeblich sei.

Der Kläger bittet um Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Gewährung von Prozeßkostenhilfe sowie Beiordnung von Rechtsanwalt H5xx-C1xxxxxxx K1xxxx aus I1xxxxxxxx für das Beschwerdeverfahren.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Für das Beschwerdeverfahren darf keine Prozeßkostenhilfe bewilligt und kein Anwalt beigeordnet werden. Die nach §§ 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Gemäß §§ 114, 119 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, daß bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht und das PKH-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforde...

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