Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Arbeitnehmers zum Einsatz einer im Kündigungsschutzprozess vereinbarten Abfindung für die Prozesskosten. Berücksichtigung der durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine im Kündigungsschutzprozess vereinbarte und ausgezahlte Abfindung ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO als Vermögen einzusetzen, soweit das der Partei nach § 115 Abs.3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 90 SGB XII zu belassende Schonvermögen unangetastet bleibt.

2. Nach Anhebung des Vermögensfreibetrags von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe in § 1 der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von 2.600,00 EUR auf 5.000,00 EUR können die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten nicht mehr typisierend in Höhe eines Schonbetrages für Ledige zusätzlich von der Abfindung abgesetzt werden (entgegen LAG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2018 - 5 Ta 561/17, LAG ,Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. April 2018 - 7 Ta 37/18).

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 20.02.2018; Aktenzeichen 1 Ca 4556/17)

 

Tenor

  • I.

    Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20.02.2018 - 1 Ca 4556/17 - in der Form des teilweise abhelfenden Beschlusses vom 18.05.2018 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen dahingehend abgeändert, dass die Klägerin aus ihrem Vermögen einen Betrag in Höhe von 860,15 EUR zur Tilgung der Prozesskosten einzusetzen hat.

  • II.

    Die Gebühr KV 8614 GKG wird nicht erhoben.

  • III.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Im Hinblick auf eine der Klägerin auf Grund eines Vergleichs vom 15.12.2017 zustehende Abfindung in Höhe von 15.000,00 EUR brutto (= 11.020,47 EUR netto) hat das Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Beschluss vom 25.09.2017, mit dem der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, zunächst dahingehend abgeändert, dass sie einen Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR zur Deckung der Prozesskosten zu tragen hat. Gegen den ihr am 22.02.2018 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit einem am 12.03.2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 18.05.2018 teilweise abgeholfen und die Einmalzahlung auf bis zu 1.978,55 EUR neu festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist weiterhin teilweise begründet. Die Klägerin hat gemäß § 115 Abs. 3 ZPO von der ihr zugeflossenen Abfindung in Höhe von 11.020,47 EUR lediglich 860,15 EUR zur Tilgung der Prozesskosten einzusetzen.

1.) Auch für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen zählen zum Vermögen iSd. § 115 Abs. 3 ZPO und sind daher, soweit dies zumutbar ist, einzusetzen (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 -, BAGE 118, 47-50, Rn. 13; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. April 2018 - 7 Ta 37/18 -, Rn. 12, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 22. April 2014 - 7 Ta 341/13 -, Rn. 11, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 08. Juni 2012 - 5 Ta 103/12 -, Rn. 6, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 24. August 2011 - 1 Ta 101/11 -, Rn. 4, juris; a.A. Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen, Rn. 10). Dass die Abfindung erst nach einem Kündigungsschutzprozess auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs gezahlt wurde, steht ihrem Einsatz als Vermögen nicht entgegen. Denn auch durch Prozesserfolg erworbenes Vermögen muss eingesetzt werden, wenn der entsprechende Geldbetrag dem Antragsteller tatsächlich zugeflossen ist (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 -, BAGE 118, 47-50, Rn. 11). Dies ergibt sich nunmehr unmittelbar aus dem durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (BGBl I, S. 3533) mit Wirkung zum 01.01.2014 eingefügten § 120a Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei insbesondere dadurch eintreten kann, dass sie durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt hat.

b) Der Einsatz der Abfindung ist der Klägerin zumutbar. Das der Klägerin nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu verbleibende sog. Schonvermögen wird nicht angetastet.

aa) Das Schonvermögen der Klägerin beträgt 5.000,00 EUR. Denn nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO gilt § 90 SGB XII entsprechend. Gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII sind dem Bedürftigen kleinere Barbeträge oder sonstiger Geldwerte zu belassen, wobei eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen ist. Nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII sind kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte iSd. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII für jede in § 19 Abs. 3, § 27 Abs. 1 und 2, § 41 und § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XII genannte volljährige Person sowie für jede alleinstehende minderjährige Person, ...

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