Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeiten, zusätzliche. Arbeitnehmer. Arbeitsplatzvorschlag. Ein-Euro-Job. Eingliederungsvereinbarung. Ein-Euro-Jobber sind keine Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
Ein-Euro-Jobber, die einer Verbandsgemeinde von einer zuweisenden Stelle im Rahmen von § 16 Abs. 3 SGB II zugewiesen und eingesetzt werden, sind auch dann keine Arbeitnehmer der Verbandsgemeinde, wenn das Kriterium der „Zusätzlichkeit” i.S.v. § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II möglicherweise nicht erfüllt ist. Ob dies auch dann gilt, wenn der zuweisende Verwaltungsakt bzw. eine ihn ersetzende Eingliederungsvereinbarung (zwischen zuweisende Stelle und Hilfebedürftigen) nach sozialrechtlichen Aspekten grob fehlerhaft und damit nichtig ist, kann offen bleiben.
Normenkette
SGB II § 16 Abs. 3; SGB III § 261 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 28.03.2006; Aktenzeichen 6 Ca 1428/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 28.03.2006, 6 Ca 1428/05, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht und um Entgeltansprüche.
Die Klägerin ist Empfängerin von Arbeitslosengeld II. Mit Arbeitsplatzvorschlag der A. Landkreis B-Stadt (im Folgenden: A.) vom 07.04.2005 wurde der Klägerin die Tätigkeit zur Unterstützung der Raumpflegerin in der Grundschule der zur Beklagten gehörenden Ortsgemeinde Lu. vorgeschlagen. Die Aufgaben bestanden in den üblichen Arbeiten einer Raumpflegerin. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 20 Stunden und die Tätigkeit war befristet bis zum Jahresende 2005. Hierfür erhielt die Klägerin eine zusätzliche Mehraufwandsentschädigung von 1,25 Euro pro Stunde. Unter dem 12.04.2005 schlossen die Klägerin und die A. eine entsprechende Eingliederungsvereinbarung, auf deren Inhalt (Bl. 36 – 40 d.A.) hiermit Bezug genommen wird. Bestandteil dieser Eingliederungsvereinbarung war eine Rechtsfolgenbelehrung, die insbesondere Sanktionen für die Klägerin im Falle von Verletzungen gegen die Eingliederungsvereinbarung vorsah. Ab August wurde die Klägerin dann aufgrund eines neuen Arbeitsplatzvorschlages der A. in der Grundsschule der Ortsgemeinde A-Stadt eingesetzt.
Haushaltsmäßig sind in Lu. vier Raumpflegerinnen als Teilzeitkräfte und in der Grundschule in A-Stadt drei Raumpflegerinnen in Teilzeit beschäftigt.
Eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien besteht nicht. Nach Zuweisung der Klägerin durch die A. wurde die Klägerin von der Beklagten in die zu verrichtenden Arbeiten mündlich eingewiesen. In der Folgezeit verrichtete die Klägerin bei der Beklagten solche Arbeiten, die im Arbeitsstellenvorschlag genannt waren.
Die Klägerin ist der Auffassung, die gesetzlichen Voraussetzungen von § 16 Abs. 3 SGB II lägen nicht vor. Die von ihr zu verrichtenden Tätigkeiten seien insbesondere nicht wettbewerbsneutral und keine „zusätzlichen” Arbeiten im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II. Sie sei bei der Beklagten als reguläre Raumpflegerin beschäftigt worden. Hätte die Beklagte sie nicht beschäftigt, dann hätte sie wegen der Vielzahl der einschlägig anfallenden Aufgaben andere Raumpflegerinnen einstellen müssen, weil die regulären Kräfte anderweitig in der Küche eingesetzt worden bzw. weggefallen seien. Dass ein Dauerbedarf bei der Beklagten an Raumpflegerinnen bestanden habe, ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte in der Vergangenheit Sozialhilfeempfänger mit der Verrichtung der Tätigkeiten betraut habe. Lägen aber die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Einsatz nicht vor, dann bestehe zwischen den Parteien ein reguläres Arbeitsverhältnis, das durch konkludenten Vertragsabschluss zustande gekommen sei und für das es keinen sachlichen Grund für eine Befristung gebe. Die Rechtswidrigkeit der Eingliederungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der A. führe zum Entstehen eines Arbeitsverhältnisses, das sich inhaltlich nach den allgemeinen Regeln des Arbeitsrechts richte. Es stehe ihr daher auch die übliche von der Beklagten an ihre Raumpflegerinnen gezahlte Bruttovergütung von 775,00 EUR pro Monat zu. Die Differenzbeträge während ihrer Einsatztätigkeit bei der Beklagten zwischen der üblichen Vergütung und der bezogenen Arbeitslosenunterstützung inklusive der Mehraufwandsentschädigung von 1,25 EUR ergebe einen Gesamtnachzahlungsbetrag in Höhe von 1.957,36 EUR brutto.
Die Klägerin hat beantragt,
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung zum 31.12.2005 beendet ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2005 hinaus fortbesteht.
- Die Beklagte wird verurteilt, an sie 1.957,36 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung...