Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Nachzahlung. Anordnung. Vergleich. Abfindung. Anrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes stellt einen Vermögenswert i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO dar und ist bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (Anschluss an BAG, Beschluss v. 22.03.2003 – 2 AZB 23/03).
2. Der Einsatz der Abfindung zur Begleichung der Prozesskosten scheidet bei Überschreiten der Schongrenze nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII aus, wenn dies im Einzelfall eine besondere Härte darstellen würde. Sind solche Umstände nicht ersichtlich, kommt ein Einsatz von 10 vom Hundert der Abfindungssumme regelmäßig in Betracht.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 02.01.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1553 e/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 2.1.2006 – 3 Ca 1553 e/05 – teilweise abgeändert:
Der Kläger hat sich an den Kosten der Prozessführung mit der Zahlung eines einmaligen Betrages in Höhe 981,64 EUR zu beteiligen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die für die Beschwerde angefallene Gerichtsgebühr wird auf 74 % ermäßigt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, derzufolge er sich mit einem Betrag von „bis zu 1.383 EUR” an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen habe.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 6.2.1995 im Bereich der Entwicklung, Konstruktion und Qualitätsprüfung gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 1.459 EUR netto beschäftigt. Die Beklagte hat am 25.7.2005 das Arbeitsverhältnis fristgerecht aus dringenden betrieblichen Gründen zum Ablauf des 30.11.2005 gekündigt. Hiergegen hat der Kläger am 15.8.2005 Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben. Am 19.9.2005 hat er Bewilligung der Prozesskostenhilfe für das Verfahren und einen abzuschließenden Vergleich ohne Ratenzahlungsanordnung beantragt. Diesem Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 20.9.2005 stattgegeben. Mit Beschluss vom 6.10.2005 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Parteien sich vergleichsweise geeinigt haben. Dem beigeordneten Rechtsanwalt sind aus der Landeskasse 973,24 EUR erstattet worden. Weiter sind Gerichtskosten in Höhe von 2,60 EUR derzeit nicht erhoben worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 2.1.2006 den Bewilligungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass sich der Kläger an den Kosten der Prozessführung mit der Zahlung eines einmaligen Betrages „in Höhe von bis zu 1.383 EUR” zu beteiligen habe. Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Beschwerde eingelegt, mit der er geltend macht, die Abfindung habe der Rückführung eines Darlehns bei der Volksbank gedient. Die Umschuldung sei schon vor dem Zugang des Anhörungsschreibens am 12.12.2005 beschlossen gewesen. Er sei vorher nicht darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, ihn mit der Abfindung an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen.
2. Die zulässige sofortige Beschwerde hat nur insoweit Erfolg, als der Ausspruch des Arbeitsgerichts zur Höhe des Beteiligungsbetrags klarzustellen ist. Im Übrigen ist jedoch die Beschwerde zurückzuweisen.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht bestimmt, dass der Kläger sich an den Kosten der Führung des Rechtsstreits mit einem einmaligen Betrag zu beteiligen hat. Eine Abfindung ist als Vermögen i.S. des § 115 ZPO zu berücksichtigen. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, ihr Vermögen einzusetzen, soweit es zumutbar ist.
Die Abfindung ist als Bestandteil seines Vermögens bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (BAG Beschluss vom 22.3.2003 – 2 AZB 23/03 –). Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Eine als Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes geleistete Summe fällt nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Ziff. 1 bis 8 SGB XII. Die summe ist nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um einen kleineren Barbetrag oder einen sonstigen Geldwert handelt, § 90 Abs. 2 Ziff. 9 SGB XII. Die Höhe des kleineren Barbetrags ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und beträgt bei Personen, die anderen nicht unterhaltspflichtig sind, 2.600 EUR. Für unterhaltsberechtigte Kinder kommen je 256 EUR hinzu. Die Abfindung ist mit 13.830 EUR vereinbart worden. Sie übersteigt mithin den kleineren Barbetrag um 10.9740 EUR.
Weitere Beträge können unberücksichtigt bleiben, soweit der Einsatz für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, § 90 Abs. 3 SGB XII. Ob der Einsatz zuzumuten ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei kommt es entscheidend auf die Höhe der Abfindung, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt an (LAG S...