Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Senats für die Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Sozialgerichts bei Erledigung der Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

§ 155 Abs 2 S 1 Nr 3 SGG findet keine Anwendung, wenn nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache beim LSG noch über eine Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Sozialgerichts zu entscheiden ist.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Senat entscheidet über die Beschwerde, mit der sich der Antragsteller gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt S. in dem beim Sozialgericht Reutlingen anhängig gewesenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 2 AS 4374/06 ER wendet, in der hierfür nach § 33 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG vorgesehenen Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Berufsrichtern. Die auch im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbare Bestimmung des § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG findet keine Anwendung (so auch zur gleichlautender Bestimmung des § 87a Abs. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung, Bay. VGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 24 C 05. 1190 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2006 - 11 S 1918/06 - jeweils in Juris; a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. September 2006 - 18 E 895/06 - Leitsatz in Juris). Danach entscheidet der Vorsitzende - sofern ein Berichterstatter bestellt ist, anstelle des Vorsitzenden dieser (vgl. § 155 Abs. 4 SGG) -, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, bei Erledigung des Rechtsstreit in der Hauptsache auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Die wegen der damit verbundenen Modifikation des gesetzlichen Richters einer Erweiterung nicht zugängliche Bestimmung des § 155 Abs. 2 Satz 1 SGG zielt darauf ab, eine Befassung des Spruchkörpers entbehrlich zu machen, wenn während des laufenden Hauptsacheverfahren oder nach dessen Erledigung nur (noch) Nebenentscheidungen zu treffen sind. Eine solche Nebenentscheidung ist aber mit der Prüfung, ob das Sozialgericht zu Recht Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, nicht zu treffen; zu entscheiden ist dann in der Beschwerdeinstanz über eine gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtete und auch nicht erledigte Beschwerde, mag mit dieser auch ein Antrag auf Prozesskostenhilfe weiterverfolgt werden.

Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, hat keinen Erfolg.

Zwar erachtet der Senat die Beschwerde trotz der nach ihrer Einlegung eingetretenen Erledigung der Hauptsache für zulässig (zur Zulässigkeit der Beschwerde in Fällen der bereits rechtskräftig entschiedenen Hauptsache oder einer Hauptsacheerledigung vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. August 1998 - L 13 AL 4290/97 PKH-B und L 13 AL 1142/98 PKH-B jeweils m.w.N., letzterer abgedruckt in Juris). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) darf einem im Sinn von § 115 ZPO bedürftigen Antragsteller Prozesskostenhilfe nur dann bewilligt werden, wenn eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung gegeben ist und diese nicht mutwillig erscheint. Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussicht sind insoweit nach der in Rechtsprechung und Literatur überwiegenden Meinung, der sich der Senat angeschlossen hat, grundsätzlich die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. August 1998 a.a.O.). Das Beschwerdegericht darf deshalb die Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung regelmäßig nicht außer Acht lassen. Nehmen die Beteiligten die das Hauptsacheverfahren abschließende Entscheidung hin, besteht grundsätzlich keine Veranlassung, die Erfolgsaussicht des PKH-Gesuchs losgelöst vom rechtskräftig abgeschlossenen Hauptsacheverfahren erneut zu überprüfen. Ob Billigkeitsgründe anderes angezeigt erscheinen lassen, wenn sonst schwerwiegenden, offensichtlichen Mängel in der rechtlichen Beurteilung durch das Gericht erster Instanz nicht genügend Rechnung getragen werden könnte oder wenn sich die Unrichtigkeit der Hauptsacheentscheidung ohne weitere Ermittlungen aufdrängt, kann dahinstehen. Denn derartige Umstände liegen hier nicht vor.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1750300

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