Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Leistungen bei Krankheit. chronisch Kranker. Sicherung der Gesundheit. unerlässliche Leistung
Leitsatz (amtlich)
1. Hilfeempfänger nach dem AsylbLG haben im Rahmen der Leistungen bei Krankheit nach § 4 Abs 1 AsylbLG keinen Anspruch auf optimale und bestmögliche Versorgung, sondern nur auf Hilfe bei akuten Erkrankungen sowie Schmerzzuständen.
2. Langwierige Behandlungen, die wegen der absehbar kurzen Dauer des weiteren Aufenthalts voraussichtlich nicht abgeschlossen werden können, begründen keine Leistungsverpflichtung.
3. Über die Auffang- und Öffnungsklausel des § 6 Abs 1 AsylbLG können nur unerlässliche, dh unverzichtbare Leistungen erbracht werden. Das gilt auch im Falle von chronischen Erkrankungen.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen statthafte Beschwerde (§ 172 SGG), der das Sozialgericht Karlsruhe (SG) nicht abgeholfen hat, ist zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat für das Klageverfahren S 1 SO 2467/06 keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt R.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Klageverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Dies gilt namentlich dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102, 2103; Bundesgerichtshof NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27. November 1998 - VI B 120/98 ≪juris≫) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt; im letzteren Fall kann PKH nur verweigert werden, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Erhebungen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen würden (vgl. BVerfG NJW-RR 2002, 1069; NJW 2003, 2976, 2977).
Unter Beachtung der oben genannten Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung der Klägerin bei der hier gebotenen zusammenfassenden Würdigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Deshalb kommt es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen (Bedürftigkeit ≪§ 115 ZPO≫, Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung ≪§ 121 Abs. 2 ZPO≫) nicht mehr an, obgleich die gesetzlichen Vertreter der Klägerin im Beschwerdeverfahren den nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO bestehenden Obliegenheiten nunmehr nachgekommen sind.
Die Klägerin unterfällt zwar gegenwärtig dem leistungsberechtigten Personenkreis des § 1 Abs. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Jedoch ist mit Blick darauf, dass die türkischen Pässe ihrer Eltern bereits im Juli 2006 abgelaufen waren und die Familie wohl bis zum heutigen Tag nicht im Besitz gültiger Pässe ist, schon an die Anspruchseinschränkungsnorm des § 1a Nr. 2 AsylbLG zu denken.
Dessen ungeachtet liegen hinsichtlich der beantragten Übernahme der Behandlungskosten für einen zweiten stationären Aufenthalt der Klägerin im Deutschen Zentrum für... in G bei der hier gebotenen summarischen Prüfung weder die Voraussetzungen des § 4 AsylbLG noch des § 6 AsylbLG vor. Dabei kann die Klägerin - wie vom SG zutreffend dargelegt - den geltend gemachten Anspruch nicht aus der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG herleiten. Denn diese Anspruchsnorm eröffnet Hilfeleistungen nur bei akuten Erkrankungen sowie Schmerzzuständen (vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof ≪VGH≫ Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Mai 1998 - 7 S 920/98 - FEVS 49, 33; Verwaltungsgericht ≪VG≫ Gera, Urteil vom 7. August 2003 - 6 K 1849/01.GE - ≪juris≫; Hohm in GK-AsylbLG, § 4 Rdnrn. 15 ff.; ders. in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 4 AsylbLG Rdnrn. 4 ff.; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 4 AsylbLG Rdnr. 8; Herbst in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 4 AsylbLG Rdnrn. 2 ff.), sodass nach der genannten Norm Ansprüche bei chronischen Erkrankungen ohne Schmerzzustände ausgeschlossen sind. Dass aber die Behandlung der Klägerin, die an einer seltenen Stoffwechselstörung im Sinne einer familiären Synovitis - einer chronischen Krankheit - leidet, im .... in G erforderlich ist, d.h. unter dem geltend gemachten Blickwinkel der Schmerzzustände m...