Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Nachholbedarf. verfassungskonforme Auslegung. fehlender Anordnungsgrund. Arbeitslosengeld II. Höhe des Zuschusses zu Versicherungsbeiträgen. Beitragsrückstände zur Privatkrankenversicherung. Übernahme nur bis zum hälftigen Basistarif

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung dürfte ein Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur privaten Krankenversicherung nur bis zum hälftigen Basistarif bestehen. Eine Übernahme darüber hinausgehender Beiträge dürfte ausscheiden.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Mai 2011 (Versagung einstweiligen Rechtsschutzes) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, der Beschwerdeausschlussgründe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG nicht entgegenstehen, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Im Beschwerdeverfahren verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter, den Antragsgegner im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihre Beitragsrückstände in der privaten Krankenversicherung bei der S. Krankenversicherung a.G. (S.) i.H.v. 2.637,23 € zu übernehmen, hilfsweise ihr vorläufig ein Darlehen in entsprechender Höhe zu gewähren. Das Sozialgericht Heilbronn (SG) hat den hierauf gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, wie vom SG zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide ≪juris≫ unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide ≪juris≫).

Die Beitragsrückstände, deren Übernahme die Antragstellerin begehrt, sind laut Schreiben der S. vom 6. Januar 2011 im Zeitraum ab 7. September 2010 entstanden und betrugen ausweislich des Schreibens der S. vom 7. März 2011 damals aktuell 2.637,23 €. Die hier streitgegenständlichen Beitragsrückstände sind somit insgesamt vor der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes beim SG (5. April 2011), teilweise sogar vor der Beantragung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Antragsgegner (4. November 2010) entstanden.

Soweit - wie hier - Ansprüche für bereits vor Stellu...

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