Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. rückwirkende Aufhebung eines privaten Krankenversicherungsvertrages. keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5. bei Prämienverzug in der privaten Krankenversicherung sind ausschließlich die Regelungen des § 193 Abs 6 VVG 2008 maßgeblich
Leitsatz (amtlich)
1. Heben Versicherer und Versicherungsnehmer einvernehmlich einen privaten Krankenversicherungsvertrag rückwirkend wieder auf, führt dies nicht zu einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5.
2. Werden die nach dem privaten Krankenversicherungsvertrag geschuldeten Prämien nicht gezahlt, bestimmen sich die Folgen allein nach § 193 Abs 6 VVG (juris: VVG 2008), nicht nach den §§ 37ff VVG (juris: VVG 2008).
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.09.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufnahme als Pflichtmitglied in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bei der Antragsgegnerin, die Gewährung von Leistungen der GKV und den Erhalt einer Versicherungskarte.
Die 1987 geborene Antragstellerin ist hauptberuflich selbständig. Sie war ab 01.03.2011 bei der Antragsgegnerin als freiwilliges Mitglied gesetzlich krankenversichert. Sie übte eine selbständige Tätigkeit (Friseurdienstleistungen) aus, für die sie von der Bundesagentur für Arbeit einen Gründungszuschuss erhielt.
Am 07.04.2011 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie ihre Krankenversicherung “widerrufe„, da sie sich rückwirkend zum 01.03.2011 für eine andere Gesellschaft entschieden habe (Bl 19 Verwaltungsakte). Sie legte eine Mitgliedsbescheinigung des Beigeladenen zu 1) vor (Bl 23 Verwaltungsakte), in welcher es heißt:
“Wir bestätigen, dass ab 01.03.2011 für die nachfolgend aufgeführte(n) Person(en) ein Krankenversicherungsvertrag besteht, der nach Art und Umfang der Pflicht zur Versicherung gemäß § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG entspricht und der eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V darstellt.„
Mit Schreiben vom 26.04.2011 erklärte die Antragsgegnerin, dass ein Widerruf nicht möglich sei und dieser daher in eine Kündigung umgedeutet werde. Mit Bescheid vom 28.04.2011 bestätigte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Kündigung zum 30.06.2011.
Die Antragstellerin begehrte sodann gegenüber der Beigeladenen eine Verlegung des Beginns der Versicherung auf den 01.07.2011, die entsprechend erfolgte (Bl 132 Verwaltungsakte, vgl Mitgliedsbescheinigung vom 05.05.2011, Bl 38 Verwaltungsakte und Nachtrag zum Versicherungsschein Bl 114 Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 24.07.2011 (Bl 141 Verwaltungsakte) wandte sich die Antragstellerin erneut an den Beigeladenen. Sie sei seit dem 01.07.2011 bei ihm versichert und habe noch keinen Mitgliedsbeitrag bezahlen können, weil er ihr etwas zu hoch sei. Insofern bat sie um Herausnahme des Krankengeldes. Der Beigeladene bestätigte mit Beitragsbescheid vom 08.08.2011 die begehrte Vertragsänderung.
Die fälligen Beiträge bezahlte die Antragstellerin nicht.
Mit Schreiben vom 20.09.2011 teilte die Antragstellerin dem Beigeladenen mit, dass sie den Versicherungsvertrag gerne kündigen und eigenständig einen neuen abschließen wolle. Ferner würde sie gerne in einen günstigeren Tarif wechseln, 290 Euro/Monat seien ihr zu viel. Mit Schreiben vom 11.10.2011 kündigte die Antragstellerin den bestehenden Versicherungsvertrag mit dem Beigeladenen.
Mit Schreiben vom 01.11.2011 teilte der Beigeladene der Antragstellerin sodann mit, dass die Versicherung von Beginn an aufgehoben worden sei (Bl 98 Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 07.05.2014 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Aufnahme als freiwillig Versicherte in der GKV.
Mit Bescheid vom 05.06.2014 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab (Bl 40 Verwaltungsakte). Die Antragstellerin habe ihre freiwillige Versicherung rechtmäßig zum 30.06.2011 gekündigt und sich ab dem 01.07.2011 für eine private Krankenversicherung entschieden. Daher komme nur eine Versicherung bei einer privaten Krankenversicherung, möglicherweise im Basistarif, in Betracht.
Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und am 27.08.2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie hat vorgebracht, dass sie zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen und daher zumindest versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 13a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei, weshalb ein Anordnungsanspruch bestehe. Der mit dem Beigeladenen abgeschlossene Krankenversicherungsvertrag habe zu keinem Zeitpunkt Versicherungsschutz gewährt. Insbesondere habe sie selbst keinerlei Prämien bzw Beiträge hierfür gezahlt. Der Versicherer sei daher zu jedem Zeitpunkt bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses leistungsbefreit gewesen, sodass kein effektiver Versicherungsschutz bestanden habe. Zudem sei ...