Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert eines Verfahrens bezüglich einer Überleitung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Festsetzung des Streitwertes eines Verfahrens bzgl. einer Überleitung nach § 93 SGB XII ergeben sich aus der Höhe der übergeleiteten Forderung hinreichende Anhaltspunkte für die Bemessung der sich für den Kläger ergebenden Bedeutung der Sache.

Wegen des auf die sog. Negativevidenz beschränkten Prüfungsumfanges und einer sich ggf. anschließenden zivilrechtlichen Klärung ist i.d.R. ein Abschlag von 50% von der Höhe der übergeleiteten Forderung zu machen.

 

Tenor

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen endgültig auf jeweils € 12.782,30 festgesetzt.

 

Gründe

I.

Nach § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat das Gericht, wenn das Verfahren nicht durch Urteil beendet wird, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Für den vorliegenden Rechtsstreit waren Gebühren nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) zu erheben, da weder Kläger noch Beklagter zu dem in § 183 SGG genannten kostenprivilegierten Personenkreis zählen. Gegenstand des Hauptsacheverfahrens war die Überleitung eines dem Kläger gegenüber möglicherweise bestehenden Anspruches zweier Hilfeempfänger durch den Sozialhilfeträger nach § 93 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Da der mit Widerspruch angefochtene Bescheid gegenüber dem Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Versicherter, Leistungsempfänger, Behinderter oder entsprechender Rechtsnachfolger einer solchen Person ergangen war, ist auch das gerichtliche Verfahren über die Kosten des Vorverfahrens nicht nach § 183 SGG gerichtskostenfrei, sondern kostenpflichtig nach den Vorschriften des GKG (§ 197a SGG; vgl. BSG SozR 4-1500 § 183 Nr. 4).

Nach § 197a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO hat die Kosten für das Rechtsmittelverfahren derjenige zu tragen, der das Rechtsmittel zurücknimmt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat somit der Kläger zu tragen. Wegen der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels bleibt die Kostenregelung der Vorinstanz grundsätzlich gültig; das Rechtsmittelgericht ist jedoch zu einer Abänderung und Ergänzung der Kostenentscheidung der Vorinstanz befugt; das Verbot der Verböserung gilt insoweit nicht (BSG a.a.O.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 197a Rdnr. 12). Einer Ergänzung bedarf es vorliegend, da das erstinstanzliche Urteil nicht über die Gerichtskosten in erster Instanz entschieden hatte. Nach § 197a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO hat der Kläger als unterliegender Teil diese Kosten zu tragen.

Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die keine Sachanträge gestellt hat, dem Kläger oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO) liegen nicht vor.

II.

Die Höhe der Gebühren bestimmt sich gemäß § 3 Abs. 1 GKG (Fassung ab 1. Juli 2004) nach dem Wert des Streitgegenstandes (Streitwert); er richtet sich im Rechtsmittelverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG) und ist - soweit der Streitgegenstand nicht erweitert wird - durch den Wert des Streitgegenstands der ersten Instanz begrenzt (Abs. 2 Sätze 1 und 2 a.a.O.). Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit in der Regel sein wirtschaftliches Interesse an der erstrebten Entscheidung und deren Auswirkungen (vgl. Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 4-1920 § 52 Nr. 2; ferner BSG SozR 4-1930 § 8 Nr. 1). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Ein Rückgriff auf den Auffangstreitwert kommt mithin nur in Betracht, wenn ausreichend Ansätze für die Bewertung des Streitgegenstandes nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers fehlen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Beschluss vom 19. September 2006 - B 6 KA 30/06 B - ≪juris≫). Sind außer dem Hauptanspruch auch Zinsen als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG).

Aus der Höhe der vom Beklagten übergeleiteten Forderung ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für die Bemessung der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache (vgl. Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫ FEVS 48, 97). Das Interesse des Klägers am Unterbleiben der Überleitung ist indes nicht gleichzusetzen mit einem Interesse an der Abwehr der Forderung überhaupt (vgl. a. Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 2008 - L 7 SO 1561/08 W-A und vom 15. Oktober 2007 - L 7 SO 2561/07 W-B; BVerwG a.a.O.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof ≪VGH≫, Beschluss vom 20. Dezember 1999 - 12 C 99.3410 - ≪juris≫; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Januar 2007 - L 20 B 137...

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