Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. keine Kostenübernahme für hauswirtschaftliche Versorgung
Orientierungssatz
1. § 65 Abs 1 S 2 SGB 12 räumt dem Leistungsberechtigten einen über den allgemeinen Leistungsanspruch bei häuslicher Pflege hinausgehenden Anspruch in Fallgestaltungen ein, bei denen es einer besonderen Pflegefachkraft bedarf (vgl BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R = SozR 4-3500 § 21 Nr 1). Vor dem Hintergrund der konkret vorhandenen Defizite und des daraus folgenden Hilfebedarfs ist die Notwendigkeit der Hilfe bei im Einzelnen zu bezeichnenden Verrichtungen, die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme einer Fachkraft (etwa im hauswirtschaftlichen Bereich) und die notwendige Qualifikation der in Anspruch genommenen Kraft zu ermitteln.
2. Sind nur einfache Hilfeleistungen im hauswirtschaftlichen Bereich wie Einkaufen, Putzen der Wohnung und Bügeln der Wäsche erforderlich, kommen (nur) Beihilfen iS des § 65 Abs 1 S 1 SGB 12 in Betracht (vgl BSG vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 18/07 R = SozR 4-3500 § 18 Nr 1). Hier kann nicht auf unentgeltliche Hilfeleistungen einer nahe stehenden Person oder Nachbarschaftshilfe iS des § 63 S 1 SGB 12 verwiesen werden, da mit der Übernahme der Kosten für eine Pflegekraft die hauswirtschaftliche Versorgung an sich erst sicher gestellt wird, weil eine unentgeltliche Pflege nicht möglich ist (vgl BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R aaO).
3. Der Anspruch auf Kostenübernahme nach § 65 SGB 12 wird sowohl bei der einfachen als auch der besonderen Pflegekraft durch die Kriterien der Angemessenheit und Erforderlichkeit begrenzt (vgl BSG vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 18/07 R aaO).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Streit.
Der 1929 geborene Kläger steht unter Betreuung und ist ausweislich des Bescheids des Landratsamts B.-H. vom 15. Dezember 2006 schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) v. 100 v.H. und den Merkzeichen G, B und H. Seit 1. Juli 2005 bezieht der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Altersrente mit einem Netto-Zahlbetrag in Höhe von (damals) 664,13 €. Des weiteren bezieht der Kläger Wohngeld von der Stadt F., für den Zeitraum 1. Mai 2006 bis 30. April 2007 in Höhe von 56 € monatlich. Im Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gem. dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) vom 11. Juli 2006 ist als Diagnose Demenz mit erheblicher Einschränkung der Selbstversorgung angeführt.
Am 9. Juli 2006 beantragte die Betreuerin des Klägers bei der Beklagten Hilfe zur Pflege durch Übernahme der durch die Pflegekasse nicht gedeckten Kosten der Betreuung durch die Katholische Sozialstation GmbH. In einem Bericht vom 14. Juli 2006 teilte Frau D. vom sozialambulanten Sonderdienst für Kranke und Behinderte der Beklagten an die sachbearbeitende Stelle der Beklagten mit, der Kläger lebe alleine in einer 1-Zimmer-Wohnung. Da sich sein Zustand mit rapider Zunahme der Demenz massiv verschlechtert habe, komme inzwischen die Katholische Sozialstation täglich zur Behandlungspflege. Der Kläger brauche Anleitung zur Pflege, zum Essen und zum Haushalt. Einkaufen könne er nicht mehr. Seit kurzem werde er 2 mal wöchentlich von “2-Euro-Jobbern„ von der Katholischen Sozialstation, die kochten und einkauften, besucht. Mit Datum vom 1. August 2006 erstellte die Katholische Sozialstation F. einen Kostenvoranschlag über die Versorgung des Klägers, welcher u. a. die monatlichen Kosten für 5 mal “Große Toilette„, 31 mal “Zubereitung einer einfachen Mahlzeit„ zu einem Einzelpreis von 10,45 € und 36 mal “Waschen, Bügeln, Putzen„ zu einem Einzelpreis von 6,27 € - jeweils durch eine Pflegefachkraft - enthielt. Der Einzelpreis bezieht sich dabei im Hinblick auf die angeführte Anzahl jeweils auf 15 Min. Mit Bescheid vom 10. August 2006 gewährte die Beklagte ab 1. August 2006 eine Kostenzusage für folgende Sachleistungen der Pflege durch die Katholische Sozialstation F.: “5 Große Toiletten„ monatlich laut Kostenvoranschlag und die tägliche Zubereitung einfacher Mahlzeiten, vorrangig abgerechnet über ergänzende Hilfen. Weiterhin wurde eine hauswirtschaftliche Versorgung durch z. B. die Nachbarschaftshilfe im Umfang von 9 Stunden monatlich zu 12,96 € pro Stunde gewährt. Dazu führte die Beklagte in diesem Bescheid aus, im Kostenvoranschlag vom 1. August 2006 werde monatlich ein Betrag von 225,72 € für die Position “Waschen, Bügeln, Putzen„ über eine Pflegefachkraft abgerechnet. Dies könne nicht akzeptiert werden. Es solle hier eine hauswirtschaftliche Hilfe über die Nachbarschaftshilfe, Caritas Verband etc., organisiert werd...