Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungsfiktion des Leistungsantrags eines Versicherten bei nicht fristgemäßer Bescheidung durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Versäumt die Krankenkasse bei einem hinreichend bestimmten Leistungsantrag des Versicherten die Bescheidungsfrist des § 13 Abs. 3a SGB 5 ohne Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die Nichteinhaltung der Frist, so gilt der Leistungsantrag nach S. 6 der Vorschrift als genehmigt.
2. Dies gilt dann, wenn der Versicherte die beantragte Leistung für erforderlich halten durfte und diese nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Eine mündlich erklärte Ablehnung durch die Krankenkasse ist rechtlich unbeachtlich. Zulässige Klageart ist die Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Eine vorrangige Leistungsklage ist nicht zu erheben.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.03.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer operativen Hautstraffung bzw. die Feststellung, dass ihr hierauf gerichteter Leistungsantrag als genehmigt gilt.
Die (1959 geborene) Klägerin (von Beruf Krankenschwester) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im September 2012 wurde bei ihr (auf Kosten der Beklagten) eine Schlauchmagenoperation durchgeführt (seinerzeit: BMI 42, Körpergröße 146 cm, Gewicht 92 kg). Nach der Operation nahm die Klägerin ca. 50 kg Körpergewicht ab.
Mit bei der Beklagten am 27.12.2013 eingegangenem Schreiben vom 21.12.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung einer operativen Hautstraffung. Als Folge der erheblichen Verminderung des Körpergewichts hätten sich massive Hautüberschüsse am Gesäß, unter den Brüsten, im Bauchbereich sowie an Armen und Beinen gebildet; dies führe zu Beschwerden, wie Schmerzen und (Pilz-)Infektionen der Haut und habe entstellende Wirkung.
Dem Antrag waren (neben einer Lichtbilddokumentation) Arztberichte beigefügt. Im Arztbericht des Klinikum St. (Zentrum für Hautkrankheiten) vom 19.12.2013 ist (u.a.) die Diagnose Z.n. drastischer Gewichtsabnahme (nach Magen-Teilresektion am 12.09.2012) mit jetzt überschüssiger Haut an Oberarmen, Brust, Bauch, Gesäß, Knie beidseits und Oberschenkeln festgehalten. Deswegen sei eine plastisch-chirurgische Behandlung dringend erforderlich. Notwendig seien: Abdominalplastik mit Schamhügellift, Nabel-Neuformung und Fasciendopplung; Bruststraffung mit seitlich/oberem/vertikalem Flankenlift beidseits; Oberschenkelstraffung beidseits; Gesäßlift beidseits; Oberarmstraffung beidseits.
Mit Schreiben vom 07.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe die Antragsunterlagen heute dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen zugeleitet.
Im MDK-Gutachten vom 14.01.2014 führte Dr. A. aus, die Beeinträchtigungen durch Pilzinfektionen als relevante organische Beeinträchtigungen seien unter den Brüsten beidseits und am Rumpf nachvollziehbar; an diesen Stellen könne die medizinische Notwendigkeit der beantragten Korrekturoperation bestätigt werden. Es werde empfohlen, die Operationsfähigkeit der Klägerin mit Ausschluss der Verschlechterung durch den behandelnden Neuropsychiater abzuklären.
Mit Schreiben vom 22.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin den Inhalt des MDK-Gutachtens des Dr. A. mit; die Klägerin möge eine Prüfung der Operationsfähigkeit mit Ausschluss der Verschlechterung durch den behandelnden Neuropsychiater einreichen. Diese weiteren Unterlagen würden benötigt.
Mit Schreiben vom 18.03.2014 trug die Klägerin (unter Beifügung des Attestes ihres Hausarztes Dr. B. vom 18.02.2014: neuropsychiatrische Behandlung nicht notwendig; Klägerin psychisch stabil) vor, sie könne seit über einem Jahr (wegen der Hautüberschüsse am Gesäß) nicht mehr schmerzfrei sitzen; sie bitte auch die Kosten der operativen Hautstraffung am Gesäß und an den Beinen und Oberarmen zu übernehmen.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme vom 03.04.2014 führte Dr. A. aus, weiterhin relevant und zu empfehlen sei die Einholung eines aktuellen Facharztberichts durch einen Neuropsychiater bzw. Schmerztherapie-Facharzt. Hierüber unterrichtete die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 16.04.2014; sobald die vom MDK (nach wie vor) für erforderlich erachteten Arztunterlagen vorlägen, werde der Antrag weiterbearbeitet.
Mit Schreiben vom 05.06.2014 legte die Klägerin der Beklagten den Bericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. von F.-P. vom 02.06.2014 vor. Darin ist eine mittelgradige reaktive Depression als Einzelepisode diagnostiziert; es solle unbedingt eine Haustraffung erfolgen, um eine psychiatrische Folgeerkrankung abzuwenden.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 17.06.2014 führte Dr. A. aus, auch bei Berücksichtigung des Facharztberichts vom 02.06.2014 s...