Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweiliger Rechtsschutz. Eilbedürftigkeit. kein Anordnungsgrund bei Darlehensangebot nach § 91 SGB 12. Vermögenseinsatz. Rückkaufswert einer Lebensversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1.Kein Anordnungsgrund, wenn der Antragsgegner die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe anbietet. Zur Abwendung einer Notlage ist der Hilfebedürftige im Rahmen des § 86b Abs 2 SGG vorrangig auf die Inanspruchnahme der darlehensweisen Gewährung zu verweisen.

2. Zur Verwertbarkeit des Rückkaufswertes einer Lebensversicherung im Rahmen des SGB 12.

 

Orientierungssatz

1. Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Antrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden.

2. Auf die Rechtsprechung des BVerwG zum § 88 BSHG, wonach der Einsatz des Rückkaufswertes von Kapitallebensversicherungen selbst in den Fällen, in denen der Rückkaufswert erheblich hinter den erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers zurückbliebt, für zumutbar gehalten wird (vgl BVerwG vom 13.5.2004 - 5 C 3/03 = BVerwGE 121, 34 = NJW 2004, 3647), kann im Rahmen des § 90 SGB 12 zurückgegriffen werden.

3. Die Rechtsprechung des BSG zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Leistungen der Arbeitslosenhilfe, die auf die Wirtschaftlichkeit der Verwertung abstellte, ist insoweit auf Hilfen nach dem BSHG und dem jetzigen SGB 12 nicht übertragbar (vgl BVerwG aaO).

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 3. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I .

Im Rahmen der Prüfung, ob die Antragstellerin (Ast) Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) hat, ist streitig, ob eine fondsgebundene Lebensversicherung zu verwerten ist.

Die Ast bezog Arbeitslosengeld II vom Antragsgegner (Ag). Nachdem durch ein Gutachten des Gesundheitsamts die Ast als nicht erwerbsfähig i.S. des § 8 Abs.1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) eingestuft worden war, hob der Ag den letzten Bewilligungsbescheid vom 20.08.2007 zum 01.10.2007 wegen Änderung der Verhältnisse auf und wertete die bereits für Oktober und November erbrachten Leistungen als Vorschuss für die Leistungen nach dem SGB XII (Bescheid vom 30.10.2007).

Zur Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe forderte der Ag die Ast auf, Unterlagen über den Rückkaufswert ihrer Lebensversicherung vorzulegen. Die Ast legte das Schreiben der V. L. Lebensversicherung S.A. vom 15.11.2007 vor, nach dem der Rückkaufswert für die fondsgebundene Lebensversicherung am 06.11.2007 3.748,72 € gegenüber der Summe der eingezahlten Beiträge in Höhe von 6.441,96 € betrug.

Mit Schreiben vom 03.12.2007 wies der Ag die Ast darauf hin, dass der Rückkaufswert der Lebensversicherung um 2.100 € über der Vermögensfreigrenze von 1.600 € liege. Er bot den Abschluss eines Darlehensvertrages an. Die Lebensversicherung müsse nicht zurückgekauft werden, die Differenz des Rückkaufswerts zur Vermögensfreigrenze in Höhe von ca. 2.148 € werde als Darlehen bewilligt, welches erst nach dem Ausscheiden aus dem Sozialhilfebezug zurückgezahlt werden müsse. Das bedeute, dass die Ast ab 01.12.2007 Leistungen nach dem SGB XII erhalten würde. Die Ast war damit nicht einverstanden (Schreiben vom 05.12.2007). Mit Bescheid vom 06.12.2007 lehnte der Ag die Gewährung von Sozialhilfe wegen einzusetzenden Vermögens ab.

Mit Schreiben vom 13.12.2007 legte die Ast dagegen Widerspruch ein und beantragte zeitgleich beim Sozialgericht Konstanz (SG) vorläufigen Rechtsschutz, da sie über keinerlei bare Mittel mehr verfüge. Das SG hat den Antrag durch Beschluss vom 03.01.2008 wegen fehlender Eilbedürftigkeit abgelehnt. Durch die Annahme des Angebots des Ag , über das wohl auch eine gerichtliche Entscheidung nicht hinaus gehen könne, könne die Ast selber ihre Notlage beseitigen und ihre existenziellen Bedürfnisse vorläufig ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe auch in Bezug auf Krankenversicherungsschutz ausreichend sichern.

Dagegen hat die Ast am 10.01.2008 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass sie ihre Kosten für die Monate Dezember und Januar nur durch die Aufnahme von Privatdarlehen habe decken können. Sie möchte das Darlehensangebot des Ag ohne Anrechnung annehmen und sei bereit, eine Rückkaufsausschlussklausel einfügen zu lassen. Außerdem beantrage sie die rückwirkende Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge.

Der Ag hält sein Angebot auf darlehensweise Bewilligung von SGB XII-Leistungen in Höhe der Differenz zwischen dem vorhandenen Vermögen und der Vermögensfreigrenze aufrecht und hält deshalb eine besondere Dringlichkeit nicht für gegeben.

II.

Die Beschwerde der Ast hat keinen Erfolg.

Die unter Beachtung der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nach § 174 SGG nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber unbegründet, wei...

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